Bekannte Neonazis als Ordner auf Kundgebungen eingesetzt

Parallel zu der „Freien-Netz-Süd“-Tour durch Niederbayern, Schwaben und Oberbayern bewarben die Neonazis des Kameradschaftsdachverbands auch in den Städten Nürnberg, Kitzingen und Würzburg ihren braunen 1. Mai – und stießen dort auf enormen zivilgesellschaftlichen Widerstand. Als Ordner fungierten dabei die Neonazis Martin B. aus Weißenburg und Joshua W. aus Treuchtlingen (Anm. d. Red.).

Neben Stationen in Niederbayern, Schwaben und Oberbayern versuchte das „Freie Netz Süd“ (FNS) am Samstag, den 30. März, auch im mittel- und unterfränkischen Raum für die Erste-Mai-Veranstaltung des FNS zu mobilisieren. Zu diesem Zweck veranstalteten die Neonazis eine Kundgebung in Nürnberg und zwei Demonstrationszüge in Kitzingen (Unterfranken) und Würzburg.

Nürnberg

Begonnen hatte die Franken-Tour in Nürnberg mit einer Kundgebung, die von den beiden FNS-Führungskadern Matthias Fischer (Fürth) und Norman Kempken (Nürnberg) angemeldet worden war. Offizieller Veranstalter war das dem FNS nahestehende „Nationale und Soziale Bündnis 1. Mai“, das bei den meisten Anmeldungen namentlich aufgetaucht ist und Angaben der Neonazis zufolge den braunen Ersten-Mai 2013 in Würzburg organisieren soll.

Kurz nach Veranstaltungsbeginn um 11.30 Uhr hatten sich etwa 40 Neonazis am Nürnberger Nelson-Mandela-Platz eingefunden. Teilnehmer der Nazi-Kundgebungen waren unter anderem die FNS-Führungskader Matthias Fischer und Norman Kempken sowie die „Freien-Netz-Süd“-Aktivisten Rainer Biller (Nürnberg) und Uwe Meenen (Bund Frankenland und NPD-Berlin, Berlin). Außerdem waren einige Teilnehmer mit dem Zug aus dem oberfränkischen und sächsischen Raum zu den Veranstaltung in Mittel- und Unterfranken angereist.

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Links: Ordner Martin B. aus Weißenburg im Gespräch mit dem Anti-Anti-Fotografen Kai Z.
Rechts: Ordner Joshua W. aus Treuchtlingen hinter dem Nürnberger Stadtrat der Bürgerinitiative Ausländerstopp Sebastian Schmauß – Quelle: Endstation Rechts Bayern

Von einer polizeilichen Absperrung von den Gegendemonstranten getrennt, hatten die rechten Akteure mit insgesamt drei Bannern („Sozial geht nur national“ des FNS, „Demokraten auf Zeit – Statt Arbeit auf Zeit“ der RNJ-Vogtland und „Nationaler Sozialismus – Arbeiter der Faust und Arbeiter der Stirn Kampf für ein freies und gerechtes Deutschland“ des FNS) und Fahnen, die das Gaufeldabzeichen der Hitlerjugend (HJ) zeigten, Aufstellung bezogen. Wenig später begannen sie ihre bis kurz vor 13 Uhr dauernde Kundgebung.

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ver.di Mittelfranken: Ein starker Partner – Quelle: Endstation Rechts Bayern

Dass die Neonazis ihre Parolen aber nicht ungehindert verbreiten können, zeigte sich bereits in Nürnberg, und wurde nachfolgend auch in Kitzingen und Würzburg mehr als deutlich. Massiver zivilgesellschaftlicher Protest und die Courage vieler Bürger machte es den FNS-Aktivisten unmöglich, ihre menschenverachtenden Inhalte zu verbreiten. Alleine in Nürnberg setzen über 500 Bürger mit einer Gegenaktion ein Zeichen für eine tolerante und weltoffene Gesellschaft und sendeten zugleich ein Signal gegen menschenverachtende Hetze aus. In Form von lautstarken Protesten in Hör- und Sichtweite gelang es den Gegendemonstranten, die Reden der Neonazis Uwe Meenen und Matthias Fischer zu übertönen. Selbst die Teilnehmer der Nazi-Kundgebung konnten dank des Protests nichts verstehen, eine Verbreitung der rechten Inhalte konnte somit effektiv verhindert werden.

Nach knapp einer Stunde wurde die Nazi-Veranstaltung in Nürnberg schließlich beendet. Während die Kundgebung für das „Freie-Netz-Süd“ zu einem Flop verkommen ist, konnte die demokratische Zivilgesellschaft ein durch und durch positives und erfolgreiches Fazit ziehen. Der braune Spuk war für Samstag in Mittel- und Unterfranken damit aber keineswegs vorbei: Die Neonazis fuhren direkt im Anschluss mit dem Zug weiter in Richtung Kitzingen (Unterfranken).

Kitzingen

Wie bereits in Nürnberg, wurden die Neonazis auch in Kitzingen von über 700 Gegendemonstranten empfangen, die sich am Bahnhofsvorplatz versammelt hatten. Mit Transparenten und Bannern traten sie „gegen den braunen Mob“ und für eine tolerante Gesellschaft ein – und setzten die FNS-Aktivisten vorerst fest. Im Vergleich zu Nürnberg hatte die Teilnehmerzahl auf Seiten der Nazis noch einmal um rund 30 Personen – überwiegend aus dem unterfränkischen Raum – zugenommen. Eine führende Rolle nahm den Beobachtungen nach der Würzburger FNS-Kader Matthias Bauerfeind ein, der immer wieder mit einem neonazistischen Ordner Karten studierte und sich darüber beratschlagte.

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Vorbildlich: Die CSU in Kitzingen – Quelle: Endstation Rechts Bayern

Einige Zeit später setzte sich der FNS-Aufmarsch über eine kleine Seitenstraße dann doch Richtung stadteinwärts in Bewegung. Aber nicht lange, denn schnell waren auch die Gegendemonstranten vor Ort und blockierten die Einmündung der Seitenstraße in die Hauptstraße. Gemeinsam und entschlossen stellte sich die Kitzinger Bürger den 70 Rechtsextremisten in den Weg und erzielten somit eine Verkürzung der ursprünglichen Route. Den Nazis wurde ein Marsch zu ihrem ursprünglichen Kundgebungsort unmöglich gemacht.

Bei der Polizei herrschte zunächst große Unsicherheit, die Situation war unübersichtlich. Ob und wie es für die Neonazis weitergehen sollte, war für die Beamten lange unklar. Irgendwann entschied sich die Einsatzleitung dazu, einen Teil der Blockade frei zu machen, die Wegstrecke der Nazis zu verkürzen und sie direkt wieder zurück zum Bahnhof zu eskortieren. Ein Teil der anwesenden Gegendemonstranten wurde zurückgedrängt und ein schmaler Weg geschaffen, durch den die Neonazis sodann geleitet worden sind. Parolen grölend zogen die 70 Rechtsextremisten – erneut begleitet von starkem Protest – zu ihrem Kundgebungsort mitten auf einer Kreuzung und später zu einer abschließenden Kundgebung am Bahnhofsplatz. Beide Kundgebungen wurden von Polizeikräften derart weiträumig abgeriegelt, dass eine öffentlichkeitswirksame Verbreitung der rechten Propaganda für das „Freie Netz Süd“ ausgeschlossen war – einzig die 70 Neonazis konnten die eigenen Parolen vernehmen.

Thematisch befasste sich die abschließende Kundgebung am Bahnhof – dem Motto der Kundgebungen und Demonstrationen entsprechend – mit der Euro-Politik. Gezielt versuchten die Neonazis, die in der Bevölkerung vorherrschenden Unsicherheiten für ihre Zwecke zu instrumentalisieren und den menschenverachtenden „Nationalen Sozialismus“ als vermeintliche Alternative aufzuzeigen. Zudem bezeichnete der namentlich unbekannte neonazistische Redner den „Nationalsozialismus“ in seinem Wortbeitrag am Bahnhof als „Ehre“.

Während der Kundgebung stellte die Polizei noch die Personalien eines Neonazis fest, der genaue Grund hierfür blieb unklar. In Gewahrsam wurde der Rechtsextremist aber nicht genommen, er konnte wenig später – zusammen mit der Gruppe von Nazis – in den Zug nach Würzburg steigen, wo für 16 Uhr ein weiterer Demonstrationszug angemeldet worden war.

Würzburg

Lief es bereits in Nürnberg und Kitzingen ganz schlecht für „Freie Netz Süd“, so verkam Würzburg zu einem regelrechten Desaster für die Neonazis auf Propaganda-Tour. Gleich nachdem der Trupp Nazis den Zug verlassen hatte, steckten sie fest. Annähernd eine Stunde lang wurden die rechten Aktivisten von unzähligen Bürgern blockiert, ein Durchkommen nicht möglich. Erneut hieß es für die „Freien-Netz-Süd“-Mitglieder: Warten, warten und warten.

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Nazi-Gegner*innen blockieren den Weg – Quelle: Endstation Rechts Bayern

Rund eine Stunde später setzte sich der Aufmarsch dann in Bewegung. Die Polizei hatte durch Verhandlungen und den Einsatz von unmittelbarem Zwang die Blockade gespalten und einen enorm engen Weg – mitten durch die Gegendemonstranten durch – für die Nazis geschaffen. Doch kaum waren die Neonazis durch die ersten Blockade durch, folgte schon die nächste. Beinahe an jeder Straßenecke stießen das FNS auf neuerlichen Widerstand in unterschiedlichen Formen. Wurde der Aufzug nicht gerade mittels Blockaden gestoppt, sind die Nazis immerzu lautstark ausgepfiffen und ausgebuht worden. Erst nach fortwährenden Unterbrechungen erreichten die etwa 80 Teilnehmer des Nazi-Aufmarsches ihren Kundgebungsort.

Als Redner traten Uwe Meenen und ein weiterer Neonazis aus dem Rhein-Neckar-Kreis auf, dessen Namen ungenannt blieb. Meenen hetzte in seiner Kundgebung gegen die „etablierten Verräter“, den „Abschaum“, der „gegen uns aufgeboten wird“ und forderte – der rassistischen Ideologie der Nazis folgend – einen „Staatsarbeitsdienst, der jedem Deutschen einen Arbeitsplatz“ zusichern würde. Der „Kamerad aus der Rhein-Neckar-Region“ (Zitat: Matthias Fischer) benutzte anschließend ebenfalls soziale Themen zum Stimmenfang. Die Kundgebung der Nazis blieb jedoch ebenso erfolglos wie der ganze Aktionstag: Abermals ging die Rede der beiden Nazis in lautstarkem Gegenprotest ungehört unter.

Weitestgehend von der Polizei abgeschirmt marschierten die Nazis zurück zum Bahnhof zur einer Abschlusskundgebung, bei der vorbestrafte FNS-Führungskader Matthias Fischer aufgetreten ist. Auch diese Rede ging unter, sie war selbst in unmittelbarer Nähe nicht zu verstehen gewesen – couragierte Bürger verhinderten wieder jedwede Öffentlichkeitswirkung. Etwas nach 18 Uhr war der Spuk dann beendet, die Nazis traten die Heimreise an.

Deutliches Zeichen: Keine Chance für Nazis

Für das „Freie Netz Süd“ verkam die Tour durch Franken also zu einem spektakulären Flop. Die Neonazis dürften – im Bezug auf den in Würzburg stattfindenden Ersten-Mai – festgestellt haben, dass sie mit enormem Widerstand zu kämpfen haben werden und nicht einfach unkommentiert durch die Straßen marschieren und ihre menschenverachtenden Inhalte verbreiten können. Der Widerstand wird enorm sein, den Nazis dürfte kein Platz überlassen werden. Denn: Weder in Nürnberg noch in Kitzingen noch in Würzburg sind Nazis willkommen!

Quelle: Endstation Rechts Bayern

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