Gedenken an die ehemaligen KZ-Häftlinge von Pottenstein

Im Rahmen eines Treffens der Nordbayerischen Bündnisse gegen Rechts, nahm Victor Rother, Delegierter des Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen, nun an einer Gedenkveranstaltung für die ehemaligen Häftlinge des KZ-Außenlagers von Flossenbürg in Pottenstein teil. Der Journalist und Autor des Buches „Touristenidylle und KZ-Grauen“ Peter Engelbrecht, führte die TeilnehmerInnen zudem an die lokalen Orte der NS-Vergangenheit.

Victor Rother, Mitglied im Sprecherrat des Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen
Mitte: Victor Rother, Mitglied im Sprecherrat des Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen

Die Stadt Pottenstein in der Fränkischen Schweiz ist den meisten als Urlaubsort, wegen den malerischen Felslandschaften und der beeindruckenden Teufelshöhle, bekannt. Kaum jemand weiß, dass in der Kleinstadt zwischen 1942 und 1945 ein KZ-Außenlager von Flossenbürg bestand. Über 700 KZ-Häftlinge mussten dort unmenschliche Zwangsarbeit leisten. Fast 400 wurden arbeitsunfähig und todkrank zurück nach Flossenbürg geschickt, was einem sicheren Todesurteil gleich kam. Die KZ-Außenstellte holte einst Dr. Hans Brand, Geologe und SS-Standartenführer, in den beschaulichen Ort.

Das Gebäude in dem die Männer untergebracht waren, die sogenannte „Magerscheune“, steht bis heute. Brand nutzte die KZ-Häftlinge um Baracken für die Eliteeinheit SS-Karstwehr zu schaffen, eine Einheit die speziell für Regionen mit Höhlen und Schluchten ausgebildet wurde. Die SS-Karstwehr wurde später zur PartisanInnenbekämpfung in Slowenien und Venetien eingesetzt und verübte dort, auch unter dem Kommando Brands, schlimmste Kriegsverbrechen.

Die Stadt Pottenstein profitiert bis heute enorm von der Zwangsarbeit der KZ-Häftlinge – schufen sie doch die Infrastrutkur für den Fremdenverkehr. So mussten die Menschen aus ganz Europa den heutigen Schöngrundsee anlegen, der damals zur Erprobung von Gewässerüberquerungen durch die SS-Karstwehr genutzt wurde und heute von zahlreichen Tretbooten bevölkert wird. Sie bauten die Teufelshöhle aus, legten den Großparkplatz vor der Höhle an und planierten Straßen, die immer noch befahren werden.

Der von den Zwangsarbeitern angelegte Schöngrundsee
Der von den Zwangsarbeitern angelegte Schöngrundsee

Die Stadt Pottenstein tat sich viele Jahre lang schwer, mit der Aufarbeitung ihrer braunen Vergangenheit. Bis 1987 fanden Reservistentreffen der SS-Einheit in dem Ort statt. Dem SS-Standartenführer Hans Brand wurde sein Engagement für die Stadt durch eine Bronzetafel am Eingang der Teufelshöhle und der Benennung einer Straße nach ihm gedankt. Nach einem Hinweis auf das KZ-Außenlager und dessen Häftlinge, suchte man viele Jahre lang vergebens in dem Luftkurort. Erst nach großem öffentlichen und medialen Druck wurde am 28. Mai 1995 eine Gedenktafel auf dem Pottensteiner Friedhof enthüllt. Die Inschrift lautet: „Gefangen, Vertrieben, Enteignet, Gehungert, Getötet, Entrechtet. Wir gedenken aller Menschen, denen durch Krieg und Gewaltherrschafft Unrecht an Leben, Leib und Besitz widerfahren ist. Von 1942 – 1945 wurden im Außenlager Pottenstein des KZ Flossenbürg mehrere hundert Häftlinge zur Zwangsarbeit verpflichtet. Der Mut und die Hilfsbereitschaft, die die Bevölkerung den Häftlingen entgegenbrachte, sollen Mahnung und Vorbild sein. Stadt Pottenstein.“

Nichts und Niemand ist vergessen
Nichts und Niemand ist vergessen

Die damaligen Verantwortlichen der Stadt konnten sich nicht dazu durchringen, einen Gedenkstein an prominenter Stelle z.B. am Schöngrundsee zu errichten. So musste eine unscheinbare Tafel auf dem Friedhof, mit allgemein gehaltenem Text und der Botschaft, dass alle Pottensteiner-BürgerInnen den KZ-Häftlingen halfen und keiner von ihnen ein Nazi war, genügen, um an das Leid der Häftlinge zu erinnern.

Aktuell plant die Stadt bis 2015 eine Ausstellung im ehemaligen KZ-Gebäude „Magerscheune“ einzurichten. Die nach Hans Brand benannte Straße wurde im Jahr 2001 wieder umbenannt und die Bronzetafel am Eingang der Teufelshöhle gestohlen.

Am Gedenken in Pottenstein, zu der die Nordbayerischen Bündnisse gegen Rechts geladen hatten, nahm auch der Bürgermeister teil. Die Anwesenden legten ein Blumenbukett am ehemaligen KZ-Außenlager ab und erinnerten so an die Opfer des Faschismus.

Buchempfehlung: „Touristenidylle und KZ-Grauen“ – Vergangenheitsbewältigung in Pottenstein, von Peter Engelbrecht.

Sprecher des Landkreisbündnisses gegen Rechts wird bedroht

Erkan Dinar, Sprecher des Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen, wurde am Samstag, den 20. Juli 2013, vom stadtbekannten Neonazi Tobias W. aus Weißenburg bedroht. In einer Weißenburger Kneipe näherte sich der Rechtsradikale dem Sprecher und äußerte ihm gegenüber die Worte: „The End is near!“. Die Bedienungen forderten den unwillkommenen Gast darauf auf sofort die Lokalität zu verlassen.

Erkan Dinar
Erkan Dinar, Mitglied im Sprecherrat des Landkreisbündnis gegen Rechts WUG

Nur wenige Stunden davor war Tobias W. mit Alexander K. auf dem Weißenburger Altstadtfest negativ aufgefallen. Dort belästigten sie zwei Nazi-Gegner mit Unterstellungen, wonach diese eine weitere Gruppe auf dem Altstadtfest gegen die bekannten Neonazis aufhetzen würden.

Tobias W. beteiligte sich bereits schon an mehreren Einschüchterungs- und Bedrohungsszenarien gegen den Sprecher des Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen. Nach Informationen aus dem Umfeld der rechtsradikalen Szene war er am 15. August 2012 auch der Haupttäter bei einem Angriff mit einer Holzlatte gegen eine Fensterscheibe am Haus von Dinar. Siehe dazu auch den Artikel „Neonazis greifen Haus an“ vom 15. August 2012. Auch beteiligte sich Tobias W. am 10. November 2012 bei der Belagerung eines türkischen Schnellrestaurants indem sich Dinar befand. Siehe dazu auch den Artikel „Aufruf zur demonstration in Weißenburg: „Schulter an Schulter gegen Rasisismus – Fasizme karsi omuz omuza“ vom 14. November 2012.

Nazis pöbeln und bedrohen Jugendlichen

Nur einen Tag nachdem die NPD auf einen breiten gesellschaftlichen Widerstand in Weißenburg gestoßen ist, hat eine Gruppe von drei Rechtsradikalen am Mittwoch, den 17. Juli 2013, gegen 23 Uhr, auf dem Weißenburger Wülzburghang, einen Jugendlichen auf seinem Nachhauseweg angepöbelt und bedroht. Es fielen Sätze wie: „Wir kriegen Dich!“, „Frei, sozial, national!“ und „Scheiß Antideutscher Hurensohn!“. Der Jugendliche ließ sich nicht provozieren und begab sich nach Hause. Gegenüber dem Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen gab er an schon mehrmals belästigt worden zu sein.

Richtigstellung zum Artikel „Landkreisbündnis gegen Rechts denunziert Polizei“

Das Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen stellt zum am 16. Juli 2013 im Weißenburger Tagblatt erschienen Artikel „Landkreisbündnis gegen Rechts denunziert Polizei“ folgendes fest:

Nachdem das Bündnis, übrigens nicht durch Herrn Landrat Wägemann persönlich, sondern über Umwege am vergangenen Donnerstag von der Anmeldung einer NPD-Kundgebung (im Rahmen der „Bayern-Tour“ der NPD) auf dem Weißenburger Marktplatz erfahren hat, wandten sich Victor Rother und Harald Dösel (beide Sprecher des Bündnisses) am Donnerstagnachmittag umgehend an die, für die Anmeldung von Kundgebungen zuständige Stelle im Landratsamt (Sachgebiet 30 – Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Brand- und Katastrophenschutz, Gewerbe). Dort wollten sie – analog zum Vorgehen im letzten Jahr anlässlich einer Neonazi-Demo der „JN“ – eine Gegenkundgebung auf dem Marktplatz anmelden. Der zuständige Beamte wies allerdings mit Nachdruck darauf hin, dass zunächst mit der Polizei gesprochen werden solle, da diese bereits starke Bedenken bezüglich möglicher Gegenkundgebungen geäußert habe.

Rother und Dösel suchten daraufhin direkt die Polizei auf um mit dem Dienststellenleiter Herrn Aschenbrenner zu sprechen. In einem Sechsaugen-Gespräch (Rother, Dösel, Aschenbrenner) bedeutete Herr Aschenbrenner den beiden Sprechern des Bündnisses unmissverständlich, dass eine Gegenkundgebung bzw. mehrere Gegenkundgebungen in keinem Fall mehr so ablaufen würden, wie im Vorjahr (also im Sinne einer Konfrontation in Sichtweite der Nazi-Demo). Zudem machte er deutlich, diesmal – bei Beschwerden der NPD – gegen lautstarke Protestformen (anders als im Vorjahr) vorgehen zu müssen. Insgesamt war klar ersichtlich, dass die Polizei Weißenburg unter allen Umständen eine direkte Gegenkundgebung auf dem Marktplatz verhindern wollte und dies dem Landratsamt als Genehmigungsbehörde gegenüber auch so dringend empfehlen würde bzw. in den entsprechenden Gesprächen sicherlich auch so empfohlen hat. Das Landkreisbündnis meldete als Konsequenz beim Landratsamt zunächst eine Gegenkundgebung auf dem Wendehammer der Luitpoltstraße vor der Bar „Mocambo“ an, wogegen Herr Aschenbrenner im Gespräch mit den beiden Bündnissprechern keine Einwände vorgebracht hat. Von Herrn Aschenbrenner war zudem zu erfahren, dass die Polizei daran denke, während der NPD-Kundgebung den kompletten Marktplatz weiträumig abzuriegeln und die anliegenden Geschäfte aufzurufen, im fraglichen Zeitraum den Verkauf einzustellen. Weitere Gegenkundgebungen, vor der NPD-Demo auf dem  Marktplatz oder an anderen Stellen, sollten, so äußerte sich Aschenbrenner, definitiv nicht zugelassen werden.

Am Donnerstagabend trafen sich die Mitglieder des Landkreisbündnisses zu einer Sitzung aus aktuellem Anlass, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Aufgrund der rigiden Linie der Polizei Weißenburg, den Gegenprotest möglichst weit entfernt zu halten und überdies auf den Platz vor der Mocambo zu begrenzen, wurde dort beschlossen, dass einzelne Mitgliedsorganisationen des Bündnisses zusätzliche Gegenkundgebungen anmelden sollen, etwa am Wimmer-Eck, vor der „Wörlein“-Metzgerei und auf der Südseite des Marktplatzes. Dies geschah in der Folge dann auch. Aufgrund der Aussagen von Herrn Aschenbrenner war allerdings davon auszugehen, dass das Landratsamt als Genehmigungsbehörde im Wesentlichen den Empfehlungen der Polizei Weißenburg folgen würde.

Am Wochenende  beschwerte sich das Landkreisbündnis in einem Artikel, der auf der Homepage des Bündnisses veröffentlicht wurde, über die Haltung der Polizei und forderte das Landratsamt auf den Empfehlungen nicht zu folgen.

Landrat Wägemann beschwerte sich darauf, wiederum am gestrigen Montag beim Landkreisbündnis wegen dieser angeblich „unfairen“ Beschwerde im Rahmen einer Email, die auch an Mitglieder des LK-Bündnisses ging. Informationen zum Sachstand hinsichtlich der Genehmigung oder Nicht-Genehmigung von Gegenprotesten waren darin nicht enthalten.

Am Montagabend informierte schließlich Herr Aschenbrenner von der Polizei Weißenburg das Bündnis telefonisch davon, dass nun doch alle bisherigen Planungen der Polizei grundlegend geändert worden seien. Er kündigte an, dass die Gegenkundgebung auf dem Wendehammer vor der Bar „Mocambo“ (so wie sie angemeldet wurde) stattfinden könne. Bezüglich der zusätzlich angemeldeten Kundgebungen am und im Umfeld des Marktplatzes hätte man sich in Gesprächen mit dem Landratsamt darauf verständigt, eine große Gegenkundgebung auf der kompletten Südseite des Marktplatzes zu erlauben. Im Grunde genommen entspricht diese Variante den Verhältnissen vom Vorjahr bzw. dem, was das Bündnis bereits am Donnerstag geplant hatte.

Entscheidend ist zudem, dass Herr Aschenbrenner im persönlichen Telefonat gegenüber dem Bündnis am Montagabend nochmals auf seine Sichtweise verwies, es sei besser, den Marktplatz von Gegenprotesten frei zu halten. Daran würde auch die offenkundig erfolgende Genehmigung  nichts ändern.

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Fakten weisen wir die Darstellung, das Landkreisbündnis hätte die Polizei „denunziert“, zurück.

Harald Dösel und Victor Rother (für das Landkreisbündnis)

400 Bürger/innen lassen NPD keine Chance

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Der Straßenname war an diesem Tag Programm für die NPD

Die geplante Kundgebung der rassistischen NPD wurde in Weißenburg zum Desaster. Mehr als 400 GegendemonstrantInnen und zwei Blockaden, als ein Akt des zivilen Widerstands, machten es der NPD unmöglich ihre Kundgebung wie geplant auf dem Marktplatz abzuhalten.

Bereits am Mittag versuchten die Neonazis im Rahmen ihrer “Bayerntour” eine erste Kundgebung in Rothenburg abzuhalten. Dort wurde sie von 300 AntifaschistInnen lautstark empfangen und durch eine Blockade gezwungen einen alternativen Kundgebungsort anzusteuern. Angeschlagen von den Protesten in Rothenburg machte sich der Tross, bestehend aus dem NPD-LKW mit Nazi-Propaganda-Schriftzügen und einem Sprinter als Begleitfahrzeug, auf den Weg nach Weißenburg. Von der Abfahrt aus Rothenburg wurden auch die Weißenburger NazigegnerInnen informiert und konnten so die Zeit nutzen, um weitere GegendemonstrantInnen zu mobilisieren.

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Die Zufahrt zum Marktplatz wurde von AntifaschistInnen blockiert

Die Stadtmauer hat wieder einmal ihren Dienst getan

Kurz vor 14.00 Uhr traf die NPD schließlich in Weißenburg ein und versuchte über das Spitaltor, ein Teil der historischen Stadmauer, auf den Marktplatz zu gelangen. AntifaschistInnen kamen daraufhin aus benachbarten Seitengassen und machten die Straße hinter dem Spitaltor durch eine Blockade dicht. Augenzeugenberichen zufolge verließen daraufhin einige Parteinazis der NPD ihre Fahrzeuge und schlugen mit Regenschirmen auf Blockierende ein, bis Polizeikräfte schließlich den Angriff der Neonazis beendeten. Weitere Menschen, die sich bei der nahegelegenen Gegenkundgebung versammelt hatten, schlossen sich der Blockade an. Viele beteiligten sich auch an der Sitzblockade. Der NPD-LKW hatte neben der Blockade ein weiteres Problem, er passte nicht durch das Spitaltor der Spitalkirche – “Die Stadtmauer hat wieder einmal ihren Dienst getan” – auch ein Zurücksetzen war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich. GegendemonstrantInnen hatten hinter dem LKW einen weiteren Blockadepunkt eröffnet. Von zwei Seiten und sogar von oben – die Glocken der Spitalkirche läuteten – wurden die FaschistInnen nun mit ohrenbetäubenden Protest eingedeckt. Um 14:40 Uhr begriffen schließlich auch die NPD-Funktionäre und ihr Anhang, dass es für sie kein Weiterkommen mehr gab und auch der Rückweg auf unbestimmte Zeit versperrt bleiben würde.

„Es ist ein irres Gefühl hier zu stehen und Eure Energie zu spüren“

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Karl Richter und Sigrid Schüßler

So beschlossen die Nazis ihre Kundgebung gleich vor Ort und damit nicht einmal hundert Meter neben den lautstarken Protesten durchzuführen. An das aufgebaute Rednerpult trat schließlich Karl Richter, Leiter des Parlamentarischen Beratungsdienstes der NPD-Landtagsfraktion im Sächsischen Landtag. Er ist außerdem für die Bürgerinitiative Ausländerstopp München (BIA) tätig und sitzt für diese NPD-Tarnliste auch im Stadtrat von München. Sein Redebeitrag ging aufgrund der Parolen und Pfiffe restlos unter. Als nächste wollte sich dieNPD-”Spitzenkandidatin” Sigrid Schüßler ausbuhen und auspfeifen lassen. Sie ist Bundesvorsitzende der neonazistischen Organisation “Ring Nationaler Frauen” und familienpolitische Sprecherin der Bayern-NPD. Redakteure des Weißenburger Tagblatts konnten zwei Äußerungen der Nazi-Funktionärin mitschreiben, die wir wiedergeben möchten: „Es ist ein irres Gefühl hier zu stehen und Eure Energie zu spüren“ – uns würde vielmehr nicht wundern, wenn sie auch die nächsten Tage noch ihr Trommelfell spüren sollte. Die in ihre Richtung ausgestreckten Mittelfinger kommentierte sie mit folgenden Worten: „Wisst ihr überhaupt, was das heißt? Das heißt Fick’ Dich! Ich ficke aber lieber mit Nazis!“.

“Lasst sie ruhig kommen! Wir sind vorbereitet!”

Nach den beiden blamablen Vorstellungen beendete die NPD ihre pseudo Kundgebung und rangierte den NPD-LKW rückwärts aus seiner verfahrenen Lage. Dabei wurde er noch zusätzlich durch die Blockade hinter ihm behindert, die in der Zeit von der Polizei gekesselt wurde. Mitarbeiter des Stadtbauamtes wurden herangezogen um im Weg stehende Bänke vorübergehend abzumontieren. Nach Abfahrt der Nazis in Richtung Lauf an der Pegnitz, dort sollte die letzte NPD-Kundgebung des Tages stattfinden, wurden die dortigen NazigegnerInnen informiert, um damit auch ihnen die Möglichkeit zu geben, letzte Vorbereitung zu treffen. Kommentar beim Telefonat mit einem der Protest-Organisatoren aus Lauf: “Lasst sie ruhig kommen! Wir sind vorbereitet!”. Und er behielt recht – dort übertönten 500 Menschen die NPD u.a. mit einer Sambagruppe.

Schöner leben ohne Nazis – Weißenburg wehrte sich!

Weißenburg hat ein weiteres Mal eindrucksvoll bewiesen, dass es klare Kante zeigt, wenn es darum geht, Nazis in die Schranken zu weisen und sich gegen deren faschistische Propaganda zur Wehr zu setzen. Ziviler Ungehorsam, gegen eine Nazipartei wie die NPD, ist nicht nur in einer Stadt wie Dresden möglich – wo die Menschen regelmäßig von Nazis heimgesucht werden. Auch in der vermeintlichen kleinstädtischen Idylle von Weißenburg heißt es WiderSetzen wenn Nazis sich versammeln wollen.

Quelle: solid Weißenburg

Friedlicher Protest soll behindert werden – Polizei kündigt Vorgehen gegen lauten Protest an

Zusätzlich zur Gegenkundgebung unter dem Motto “Schöner leben ohne Nazis – Weißenburg wehrt sich!” des Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen haben nun die Grünen eine weitere Gegenkundgebung in der Zeit von 13 bis 16 Uhr am Wimmer-Eck (Westseite des Gotischen Rathauses) angemeldet. Anlass dafür ist eine geplante NPD-Kundgebung am nächsten Dienstag auf dem Marktplatz von Weißenburg. In einem Telefonat hat die Polizei bereits angekündigt, dies nicht genehmigen lassen zu wollen.

Auch die Kundgebungen der Piraten (Ecke Judengasse/Marktplatz), der Linken (Friedrich-Ebert-Straße/nach dem Spitaltor) sowie die beiden Kundgebungen von ver.di (Marktplatz bis 12.30 Uhr, danach Südseite des Marktplatzes) sollen ohne stichhaltige Begründung verboten werden. Die NPD soll damit die Möglichkeit bekommen, in Ruhe ihre Kundgebung abzuhalten. Weiterhin kündigt die Polizei an, gegen laute Proteste vorgehen zu wollen.

Erkan Dinar, Mitglied im Sprecherrat des Landkreisbündnis gegen Rechts WUG, dazu:

“Wir sind fassungslos. Die Bürger von Weißenburg haben letztes Jahr im März eindrucksvoll bewiesen, dass friedlicher und lautstarker Protest über viele Stunden hinweg möglich ist. Wir fordern das Landratsamt als Genehmigungsbehörde auf, dem friedlichen Protest gegen die NPD nicht im Wege zu stehen. Der Weißenburger Marktplatz gehört den Menschen und keiner rassistischen Partei.

Auch ist es nicht zu akzeptieren, den Ladeninhabern am Markptplatz vorzuschlagen, ihre Geschäfte während der Nazi-Kundgebung zu schließen. Dafür gibt es keinen Grund. Die Strategie, alle Türen und Fenster zu schließen und darauf zu hoffen, dass der Spuk von alleine vorbeizieht, hat schon in Ostdeutschland nicht funktioniert und mit dazu beigetragen, rechtsradikale Strukturen zu etablieren. Wir unterstützen die Überlegungen der Grünen, der Linken und auch von ver.di, bei Ablehnungsbescheiden ihrer Kundgebungsanmeldungen sofort per Widerspruch den Klageweg zu bestreiten.”

Großrazzia gegen das „Freie Netz Süd“ – Hausdurchsuchung in Weißenburg

Am Mittwoch, den 10. Juli 2013, durchsuchten Polizeibeamt_innen über 70 Wohnungen, Arbeitsplätze, Versände und Postfächer von Neonazis in ganz Bayern. Die in der Öffentlichkeit seit Wochen erwartete Aktion richtete sich gegen das militante Neonazinetzwerk „Freies Netz Süd“ (FNS). Innenminister Joachim Herrmann (CSU) lobte anschließend vor allem den Verfassungsschutz.

Das „Freie Netz Süd“ bekommt Besuch

Um 4.00 Uhr früh legten die 700 Polizeibeamt_innen mit ihren Razzien los. Ein „vereinsgesetzliches Ermittlungsverfahren“ des bayrischen Innenministeriums gegen den bayerischen Kameradschaftsdachverband „Freies Netz Süd“ (FNS) hatte die Aktionen ausgelöst, „Strukturen dieses Netzwerkes“ sollten demzufolge aufgeklärt und lediglich „Beweismaterial für ein Vereinsverbot“ gesammelt werden.

Ziel der Durchsuchungen waren zum einen die Führungskader des „Freien Netz Süd“, zum anderen die jeweiligen Führungspersonen der dem FNS zugerechneten Kameradschaften sowie bayerische Neonazis, die sich regelmäßig an Aktionen des FNS beteiligen.

Nach a.i.d.a.-Informationen hat es so zum Beispiel neben der FNS-Führungsspitze aus Matthias Fischer (Fürth), Norman Kempken (Nürnberg) und Tony Gentsch (Regnitzlosau-Oberprex) auch den beim FNS aktiven verurteilten Rechtsterroristen Martin Wiese „getroffen“. Die oberpfälzischen FNS-Kader Robin Siener (Lkr. Cham), Simon Preisinger (Flossenbürg) und Daniel Weigl (Schwandorf) erhielten ebenso Besuch, bei letzterem auch dessen Neonaziversand „Final Resistance“ (Wackersdorf).Im oberbayerischen Markt Schwaben war Razzia beim „Kameradschaft München“-Leiter Karl Heinz Statzberger, in Karlstadt beim unterfränkischen FNS-Kopf Matthias Bauerfeind, im niederbayerischen Landau wurde bei dem bekannten Aktivisten Mike Edling durchsucht, in Weißenburg bei Martin B., dem führenden Aktivisten der „Freien Nationalisten Weißenburg“ und in Mettenheim bei Daniel Petzold, dem presserechtlich Verantwortlichen mehrerer Homepages aus den Kreisen des FNS.

In München-Obermenzing wurde das Haus von Vanessa Becker (Aktivistin beim „Freien Netz Süd“ und bei der „Bürgerinitiative Ausländerstopp München“, BIA), Franz Sedlbauer und Daniel Thönnessen durchsucht. Zumindest Thönnessen dürfte sich mit Vereinsverboten auskennen, gehörte er doch bereits der mittlerweile verbotenen und gewaltbereiten „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL) an.Im oberfränkischen Regnitzlosau-Oberprex betraten die Beamt_innen die vom FNS genutzte Immobilie „Nationales Zentrum Hochfranken“ („Oberprex 47“), in Bad Wörishofen sollen sie Räume des Anti-Antifa-Aktivisten Stefan Friedmann und in Nürnberg die des Anti-Antifa-Fotografen Sebastian Schmaus durchsucht haben, in Würzburg lief die Polizei beim FNS-Aktivisten Uwe Meenen ein. Meenen und Kempken stellen mit dem „Bund Frankenland e. V.“ dem FNS eine vereinsrechtliche Struktur beispielsweise zur Anmeldung von Konzertveranstaltungen zur Verfügung. Polizeiaktionen in Bayerisch Schwaben wurden neben dem Landkreis Unterallgäu auch aus dem Stadtgebiet Augsburg gemeldet, in Mittelfranken soll es weitere Durchsuchungen in Erlangen, im Landkreis Nürnberger Land sowie Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim gegeben haben.

Das „Freie Netz Süd“ hat im Vorfeld der Kommunalwahlen in München im Jahr 2014 die Fortsetzung der Arbeit in der NPD-Liste „Bürgerinitiative Ausländerstopp München“ (BIA) offiziell erklärt. Bei BIA-Kopf Karl Richter (München) gab’s dennoch keine Razzia. Im Visier der Polizei seien, so zählte es der bayerische Verfassungsschutzpräsident Burkhard Körner auf, die Kameradschaften „Freie Nationalisten Hof“, „AG Bayreuth“, „Kameradschaft Main-Spessart“, „Nationales Bündnis Oberpfalz“, „Nationales Bündnis Niederbayern“, „Kameradschaft München“, „Widerstand Schwandorf“ und „Kameradschaft Geisenhausen“ gestanden.

Diese Liste entspricht nur teilweise den tatsächlich in der Vergangenheit und aktuell im „Freien Netz Süd“ zusammengeschlossenen neonazistischen Organisationen und Bündnissen. Einige Gruppen fehlen, andere haben sich in der letzten Zeit aufgrund der zu erwartetenden Repressionsmaßnahmen gegen das FNS aus taktischen Gründen umbenannt.

Hakenkreuzfahnen, Waffen, BIA-Transparent

Beim Polizeieinsatz in München musste eine Gartenmauer und eine Haustürscheibe dran glauben. Hier wie bei der Hälfte der Razzien wurden Spezialeinheiten eingesetzt, denen die Neonazis jedoch wenig entgegensetzten.

Nur wenige der durchsuchten Neonazis scheinen noch Zeit für twitter- und facebook-Warnungen gehabt zu haben; Einer soll seinen Computer aus dem Fenster geworfen haben und in der Nazi-WG von München-Obermenzing versteckten die Bewohner_innen (erfolglos) wohl noch schnell einen Laptop im Sperrmüll.

Die anstehenden Razzien im Rahmen eines voraussichtlichen Vereinsverbotsverfahrens gegen das FNS waren in den letzten Wochen in der Öffentlichkeit kein großes Geheimnis gewesen.Dennoch konnten die eingesetzten Polizeikräfte in den Neonaziwohnungen nicht nur mehrere Hakenkreuzfahnen, Hakenkreuzarmbinden, Hitlerplastiken und Hitlerporträts (sowie ein Transparent von Karl Richters BIA) beschlagnahmen, sondern auch eine ganze Reihe Waffen sicherstellen. Auch wenn deren waffenrechtliche Beurteilung noch nicht abgeschlossen ist, wird durch die Vielzahl an aufgefundenen Messern, Reizgasgeräten, einer „9mm-Selbstschußanlage“, Faustfeuerwaffen, Stabhandgranaten, Knüppeln, Baseballschlägern und einem Karabiner die Gefährlichkeit des militanten Neonazinetzwerks FNS deutlich.

Genauso dokumentieren die sichergestellten CDs wie „Adolf Hitler lebt“ von „Gigi und die braunen Stadtmusikanten“ (mit dem „Dönerkiller“-Song von 2010), „Unter dem Hakenkreuz“ von „Endlösung“, „The white race will prevail“ von „Race War“, „Blood & Honour – Voices of Solidarity“ und „Zillertaler Türkenjäger“ etc. die im „Freien Netz Süd“ übliche Menschenverachtung.

Neu sind diese Erkenntnisse jedoch keineswegs. Seit Jahren ist die NS-Verherrlichung, der Rassismus und Antisemitismus des „Freien Netz Süd“ und seiner Untergruppierungen genauso bewiesen wie die von den FNS-lern ausgeübte Gewalt. Und diese Belege stammen fast ausschließlich aus öffentlichen Quellen, aus Verlautbarungen von FNS und Kameradschaften sowie von öffentlichen Versammlungen. Antifaschist_innen, Fachjournalist_innen, Medien und zivilgesellschaftliche Organisationen haben dies in einer Vielzahl von Recherchen und Veröffentlichungen immer wieder thematisiert.

Aktivist_innen und Sympathisant_innen des „Freien Netz Süd“ haben in den letzten vier Jahren eine Vielzahl von Straftaten und gewalttätiger Übergriffe begangen, die bis hin zum Mordversuch reichen. Bei den Aufmärschen des FNS hat es, spätestens seit dem 1. Mai-Aufmarsch in Weiden 2009, fast regelmäßig Durchbruchsversuche und massive Angriffe auf Journalist_innen, Antifaschist_innen und Polizeibeamt_innen gegeben. Auf der Internetpräsenz des FNS bekennen sich die Neonazis zudem zumindest implizit zu illegalen Aktionen, veröffentlichen Täterfotos von Tatorten oder billigen und verharmlosen Straftaten.Mehrere Neonazis betreiben, von den Behörden seit Jahren weitgehend ungehindert, für das „Freie Netz Süd“ die sogenannte „Anti-Antifa-Arbeit“, also das illegale Filmen, Fotografieren und Ausspähen von Nazigegner_innen, das bisher in vielen Diffamierungen, Bedrohungen und militanten Anschlägen gipfelte. Der Polizei in Fürth beispielsweise ist es in den letzten Jahren nie gelungen, auch nur eine der massiven Sachbeschädigungen durch Neonazis, die bis zum Anzünden eines PKWs reichten, aufzuklären.

Das FNS und seine lange Geschichte

Nach dem Verbot des neonazistischen Kameradschaftsdachverbands „Fränkische Aktionsfront“ (FAF) Ende Dezember 2003/ Anfang Januar 2004 organisierten sich die vom Verbot betroffenen Neonazis zunächst in den bayerischen Bezirksverbänden der NPD bzw. deren Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN). Gegen die Nachfolgetätigkeiten gingen die Behörden nicht vor, so dass das „FAF-Verbot“ letztlich konsequenzlos für die bayerische Neonaziszene blieb.

Nach dem Scheitern eines Putsches gegen den damaligen NPD-Landesvorsitzenden Ralf Ollert (Nürnberg) auf dem NPD-Landesparteitag 2008 begannen die schon in der FAF führend aktiven Neonazis Norman Kempken und Matthias Fischer zusammen mit dem damaligen „Kameradschaftsbund Hochfranken“-Aktivisten Tony Gentsch (Toepen), sich und andere Neonazis (wieder) jenseits der Parteistrukturen überregional zu organisieren.

Vorbild der bayerischen Neugründung, die zuerst „Nationale Sozialisten Franken“ (NSF), dann „Freies Netz Süd“ (FNS, beidesmal ist die Abkürzung NS enthalten!) genannt wurde, war neben der FAF der Kameradschaftsverband „Freies Netz“ (FN) in Sachsen.

Dass die Fortführung der verbotenen FAF als „Freies Netz Süd“ illegal war und ist, hat bei den Behörden in den letzten Jahren keinerlei Einschreiten nach sich gezogen, bei Pressekonferenzen des Verfassungsschutz wurde eine Kontinuität von der FAF zum FNS vielmehr sogar bestritten. Die Neonazis des FNS agierten daher zunehmend selbstbewusster: das Transparent ‚Macht kaputt was Euch kaputt macht‘ der verbotenen ‚Fränkischen Aktionsfront‘ hängten sie beim FNS-Rechtsrockfestival ‚Frankentag‘ in Mainleus-Schwarzach im letzten Jahr demonstrativ – und von den Behörden ungehindert – über den Eingang (siehe Bilder).

Das „Freie Netz Süd“ hat sich in den Folgejahren schnell zur wichtigsten neonazistischen Struktur in Bayern entwickelt und verfügt heute in allen bayerischen Bezirken über Gruppierungen und Unterbündnisse. Die Homepage des FNS besteht seit Januar 2009. Täglich werden hier Veranstaltungsberichte, Mobilisierungsaufrufe, politische Texte sowie gegen politische Gegner_innen gerichtete Schmähartikel veröffentlicht. Viele der im „Freien Netz Süd“ organisierten ca. zwei Dutzend Neonazigruppen (wie beispielsweise die „Kameradschaft Saalefunken“ in Hof oder der „Aktionsbund“ in Freising) und regionalen Zusammenschlüsse (z. B. das „Aktionsbündnis Oberbayern“ oder das „Nationale Bündnis Niederbayern“) verfügen zusätzlich über eigene Websites im Internet.Im oberfränkischen Oberprex (Landkreis Hof) erwarb das FNS über die Mutter eines Aktivisten im Frühjahr 2010 den ehemaligen Gasthof „Zum Egerländer“. Seither nutzt das „Freie Netz Süd“ die eigene Immobilie („Oberprex 47“) regelmäßig für Veranstaltungen, Feiern und Konzerte.

Zum 1. Mai  mobilisierte das „Freie Netz Süd“ in den letzten Jahren, z. T. in Kooperation mit anderen Neonazigruppen und der NPD, zu überregionalen Großaufmärschen (2009 Weiden, 2010 Schweinfurt, 2011 Heilbronn, 2012 Hof, 2013 Würzburg). Mit Flugblattverteilungen und zahlreichen kleineren Kundgebungen versucht das FNS, bayernweit Kampagnen  durchzuführen, die sich z. B. gegen die Unterbringung von Asylbewerber_innen sowie gegen linke Gruppen und Antifaschist_innen richten oder wahlweise die Demokratie in der Bundesrepublik, Arbeitnehmer_innen aus der EU oder Soldaten der US-Army und Bundeswehr bekämpfen.Mit dem international besetzten Rechtsrockfestival „Europa erwacht“ plant das FNS am 10. August 2013 die nächste Großaktion. Solch internationale Vernetzung und Neonazimusik-Aktivitäten sind kein Zufall: Beste Beziehungen des FNS bestehen zum in der Bundesrepublik seit dem Jahr 2000 eigentlich verbotenen internationalen Rechtsrocknetzwerk „Blood & Honour“ (B&H). Und zwischen „Freiem Netz Süd“ und dem internationalen Neonazi-Netzwerk der „Hammerskin Nation“ (H.S.N.) gibt es gleich mehrere personellen Überschneidungen.

Der starke Staat inszeniert sich

Fast eineinhalb Jahre, nachdem ein von der SPD-Fraktion initiierter Verbotsantrag gegen das FNS im bayerischen Landtag einstimmig verabschiedet wurde, stellte sich der Adressat der damaligen Forderung, der bayerische Innenminister Joachim Herrmann, nun als engagierter „Kämpfer gegen rechts“ dar.

„Meine Damen und Herren, die heutige Aktion zeigt erneut, wie konsequent und entschieden wir gegen Rechtsextremismus vorgehen“, sagte Herrmann auf einer am Mittag einberufenen Pressekonferenz gegenüber den Medien, wobei er das Wort „erneut“ besonders betonte.

Schnell wurde deutlich: Herrmann will mit dem polizeilichen Großeinsatz Imagepflege betreiben, vor allem zugunsten des durch die NSU-Skandale ramponierten Ansehens des bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz. Herrmann lobte den Inlandsgeheimdienst ausdrücklich: „Der Polizeieinsatz (…) beruht wesentlich auf Erkenntnissen und Vorarbeiten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz, das das „Freie Netz Süd“ seit seinem ersten Auftreten Ende 2008 beobachtet“.

Und fügte, wohl im Hinblick auf den bevorstehenden Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses, noch hinzu: „Meine sehr geehrten Damen und Herren, der heutige Einsatz war nur wegen der engen Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz und Polizei möglich. Dies zeigt, dass es um den Informationsaustausch und um die Kooperation dieser Stellen in Bayern gut bestellt ist.“

„Inszeniertes Durchgreifen“ nennen die Fachjournalist_innen Torben Heine und Henrike Claus in einem im Herbst 2012 in der antifaschistischen Zeitschrift „Lotta“ erschienenen Artikel solche plötzlichen staatlichen Repressionsmaßnahmen, wie die jetztige Großrazzia gegen das FNS. Herrmann inszeniert sich als zentraler Akteur gegen rechts, will das Neonazi-Problem mit juristischen und polizeilichen Mitteln lösen. „Leitbild ist der ’starke Staat'“, wie Heine und Claus schreiben, und bei all den extremismustheoretischen und „ordnungspolitischen Deutungsmustern“ bleibt schließlich kaum Raum für gesellschaftlichen Widerstand gegen Neonazis.Die Definitionsmacht über die Auseinandersetzung mit rechter Ideologie und rechten Strukturen soll damit ausgerechnet bei denjenigen Behörden liegen, die ansonsten immer eher als „Verharmloser“ der neonazistischen Bedrohung aufgetreten sind. Mit dem von Herrmann so gelobten „Landesamt für Verfassungsschutz“ sollen ausgerechnet diejenigen wieder die Deutungshoheit bekommen, die seit Jahren Antifaschist_innen durch die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht zu diskreditieren versuchen. Noch im Mai 2013 hatte der bayerische Inlandsgeheimdienst auf dem von ihm betreuten „Bayern gegen Rechtsextremismus“-Portal Nazigegner_innen, die einem spontanen Aufmarsch von Neonazis des „Freien Netz Süd“ am 10. Mai 2013 in Regensburg entgegengetreten waren, als „Linksextremisten“ beleidigt.

Während der Innenminister von „konsequentem“ und „entschiedenem Vorgehen“ gegen die extreme Rechte sprach, demonstrierte sein Ministerium gleichzeitig, was es darunter zu verstehen scheint: Herrmanns Mitarbeiter_innen ließen die beiden bekannten oberbayerischen „Freies Netz Süd“-Aktivisten Thomas Schatt und Lorenz Maierhofer, die seit Jahren vor allem durch Anti-Antifa-Arbeit und aggressives Vorgehen gegen Journalist_innen auffallen, an der Pressekonferenz im Innenministerium teilnehmen.

Quelle: a.i.d.a.

Das Engagement des JuZ Weißenburg wird ausgezeichnet

Das Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen gratuliert seiner Mitgliedsorganisation dem Freundeskreis Jugendzentrum e.V. zum Karl-Heinz-Hiersemann-Preis 2013 der SPD. Mit ihm werden mittelfränkische Jugendliche oder Jugendgruppen (einschließlich Schülerinnen und Schüler, Schülergruppen oder Klassen) gewürdigt, die sich besonders verdient gemacht haben für die friedliche Verständigung zwischen den Völkern, für den Aufbau einer lebendigen Demokratie, gegen Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit und deren Handeln von Zivilcourage und Toleranz geprägt ist.

Der Karl-Heinz-Hiersemann-Preis soll aber nicht nur eine Ehrung für die Ausgezeichneten sein, sondern gleichzeitig ein Appell, sich weiterhin um Frieden, Gerechtigkeit, Solidarität und um eine demokratische Gesellschaft zu bemühen. Der Preis hat seinen Namen im Gedenken an den am 15. Juli 1998 verstorbenen Karl-Heinz-Hiersemann, der unter anderem Vorsitzender des SPD-Bezirks Franken und Kreisvorsitzender der SPD Erlangen sowie Vizepräsident des Bayerischen Landtages war. Der Preis wurde erstmals 1999 verliehen.

Gegenkundgebung: Schöner leben ohne Nazis – Weißenburg wehrt sich!

Am kommenden Dienstag will die rassistische und rechtsradikale NPD in Weißenburg eine Kundgebung im Rahmen ihrer „Bayerntour“ durchführen. Diese soll in der Zeit von 13.00 bis 16.00 Uhr auf dem Weißenburger Marktplatz stattfinden. Als Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen haben wir auf dem Wendehammer, am Ende der Luitpoldstraße, eine Gegenkundgebung unter dem Motto „Schöner leben ohne Nazis – Weißenburg wehrt sich!“ angemeldet.

Weitere Kundgebungen von Mitgliedsorganisationen des Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen werden in unmittelbarer Nähe des Marktplatzes angemeldet werden. Wir rufen die Bevölkerung zum lautstarken und kreativen Protest auf. Wie im letzten Jahr wollen wir zeigen, dass weder in Weißenburg noch anderswo Platz ist für die menschenfeindliche Propaganda der Nazis.