Die rechtsradikale Szene in Weißenburg terrorisiert auch weiterhin die Stadtbevölkerung. Wie man dem Weißenburger Tagblatt vom 29. Dezember 2012 entnehmen kann, kam es in der Nacht des 26. Dezember 2012 fast zu einem schrecklichen Zusammenstoß im Römerbrunnenweg. Vier Jugendliche konnten sich, vor einem auf dem Gehsteig, mit hoher Geschwindigkeit fahrenden Auto nur mit einem Sprung in letzter Sekunde retten. Das Auto drehte im Anschluss um und es begann eine Jagd mit dem Auto. Die Jugendlichen trennten sich daraufhin, um die Verfolgung zu erschweren. Die Polizei ermittelt nur wegen „Gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr“ sowie diverser Ordnungswidrigkeiten. Wie dem Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen bekannt ist, handelte es sich dabei um das Auto von Joshua W. aus Treuchtlingen.
Bereits Anfang November wurde vom Rechtsradikalen Alexander K. aus Weißenburg einer der Sprecher des Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen beinahe in der Innenstadt angefahren. Siehe dazu auch den Artikel „Bündnissprecher wird fast von Neonazi angefahren“ vom 8. November 2012.
Wir bedanken uns für die Unterstützung der Lichterkette am Montag, 10. Dezember 2012, dem Tag der Menschenrechte, in Weißenburg. Über 180 Menschen nahmen daran teil. Die Begrüßung übernahm Ingrid Gottwald-Weber, Dekanin der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde in Weißenburg, bevor sieben Minuten lang die Kirchenglocken der St. Andreas – Kirche läuteten.
Im Foyer des Kulturzentrum Karmeliterkirche wurde daraufhin Glühwein sowie Tee durch ehrenamtliche AktivistInnen des Jugendzentrum Weißenburg und die Türkisch-Islamischen Gemeinde Weißenburg (DITIB) ausgeschenkt. Beide Organisationen sind fester Bestandteil des Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen.
Der Weißenburger Gospelchor trug mit Liedern der BürgerInnenrechtsbewegung zum Gelingen des Abends bei. Der Vortrag im Anschluss von Michael Helmbrecht, Vorsitzender der Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg, zeigte der Bevölkerung sehr anschaulich eine Definition des Rechtsextremismus und Handlungsstrategien der Zivilgesellschaft dagegen. Auch sparte der Referent nicht mit seiner Kritik an der Politik, den Sicherheitsbehörden sowie der Justiz. So habe die Aufdeckung der NSU-Mörderbande das Vertrauen in staatliche Institutionen zerstört. Doch auch die jahrelange Gängelung seiner und vieler anderer antifaschistischen Personen durch die genannten Institutionen habe sehr viel Kraft und Zeit gekostet. Hier müsse sich so schnell als möglich, so viel wie möglich, ändern.
Den anwesenden Nazi-GegnerInnen gab Michael Helmbrecht auf den Weg bunte Bündnisse zu schaffen und dabei die Fehler der Weimarer Zeit nicht zu wiederholen. Nur ein gemeinsamen Zusammenstehen aller demokratischen Kräfte könne von Erfolg gesegnet sein.
Der 10.12. ist der Tag der Menschenrechte. Vor genau einem Jahr fand zu diesem Termin vor der Andreaskirche unsere Demo gegen Rechts und zum Gedenken der vom „NSU“ ermordeten Menschen mit über 1 000 Menschen statt.
Daraufhin hat die Kirche die Gründung eines „Runden Tisches“ angeregt, dem seit Beginn auch VertreterInnen des Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen angehören. Gemeinsam entstand der Gedanke, den 10.12. in Weißenburg als Tag der Menschenrechte fest zu verankern. Dies soll nun mit einer Lichterkette und einem Vortrag geschehen.
Die Lichterkette beginnt um 18:00 Uhr vor der Karmeliterkirche. Der Vortrag des Sprechers der Metropolregionsallianz gegen Rechts, Michael Helmbrecht, wird dann anschließend um 19:00 Uhr in der Karmeliterkirche stattfinden. Als Veranstalter treten die vier größten Glaubensgemeinschaften in Weißenburg auf.
Das Amtsgericht Weißenburg sprach Erkan Dinar, Mitglied im Sprecherrat des Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen, nach mehrmaliger Verschiebung des Verhandlungstags, vom Vorwurf der Nötigung frei. Damit beschäftigte sich das Gericht erneut mit der Kundgebung der Neonazis vom 10. März 2012 auf dem Weißenburger Marktplatz. Siehe dazu auch den Artikel „Roman S. aus Pleinfeld wegen Morddrohung verurteilt“ vom 15. August 2012.
Vorgewurfen wurde, der Rechtsradikale Danny B. aus Weißenburg sei festgehalten worden, als dieser Schläge und Tritte von Nazi-GegnerInnen einstecken musste. Der Grund dafür war seine provokante Präsenz auf der Seite der DemonstrantInnen gegen den Naziaufmarsch und seine Nichtentfernung auf verschiedene Bitten hin. Als die Situation zu eskalieren begann und die Polizei nichts unternahm versuchte Erkan Dinar den Rechtsradikalen aus dem Gefahrenbereich zu bringen. Da die Staatsanwaltschaft diese Handlung für nicht erforderlich ansah und als Nötigung auslegte kam es nun zur Verhandlung.
Nach den Aussagen des Angeklagten, des Geschädigten, eines Zeugen des Geschädigten sowie von zwei Polizisten einigten sich Richter Gunter Hommrich, Staatsanwalt Stefan Stelzl sowie der Anwalt Inigo Schmitt-Reinholtz keine weiteren Zeugen aufzurufen und stattdessen die Verhandlung mit einem Freispruch zu beenden.
Erkan Dinar zum Freispruch: „Vor noch nicht einmal einem Jahr habe ich vor 1 000 Menschen, am Tag der Menschenrechte auf dem Martin-Luther-Platz in Weißenburg, öffentlich um Unterstützung für unsere Arbeit durch die Sicherheits- und Justizbehörden gebeten. Mir wäre damals nicht eingefallen in so kurzer Zeit auf dieser Seite der Anklagebank Platz nehmen zu müssen. Der Freispruch jedoch hat wieder Klarheit geschafft und ist Ansporn um weiterzumachen.“
Auch Neonazis aus dem Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen nahmen am Samstag, den 17. November 2012, an einem Aufmarsch des rechtsradikalen „Freien Netz Süd“ (FNS) in Wunsiedel teil.
Die Weißenburger Tobias W. und Danny B. belagerten zuletzt, in den frühen Morgenstunden des 10. November 2012, einen türkischen Schnellimbiss in Weißenburg und wollten eine Drohkulisse gegen einen der Sprecher des Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen aufbauen. Siehe dazu auch den Artikel „Aufruf zur Demonstration in Weißenburg: “Schulter an Schulter gegen Rassismus – Faşizme karşı omuz omuza”“ vom 14. November 2012.
Wunsiedel: Trauer, marsch! Geschichtsstunde mit Anspielungen
Etwa 230 Neonazis marschierten am Samstag in der oberfränkischen Stadt Wunsiedel auf. Laut den Auflagen war jeder Bezug auf den Kriegsverbrecher Rudolf Heß untersagt. In ihren Reden spielten dennoch einzelne Neonazis mit verschiedenen Assoziationen. Gegen den militaristisch geprägten Trauermarsch demonstrierten etwa 350 Bürgerinnen und Bürger.
Das neonazistische Kameradschaftsnetzwerk „Freies Netz Süd“ (FNS) konnte mit den etwa 230 Teilnehmern mehrheitlich die eigene Basis zur Fahrt nach Wunsiedel bewegen. Entsprechend groß war die Anzahl ihrer führenden Aktivisten. Anwesend waren Normen Kempken als Anmelder, aus Mittelfranken die Aktivisten Matthias Fischer, Kai-Uwe Zimmermann und Rainer Biller. BIA-Stadtrat Sebastian Schmaus und Michael Reinhardt dokumentierten Kundgebung, GegendemonstrantInnen und JournalistInnen. Aus Oberbayern kam Roy Asmuß nach Wunsiedel. Asmuß hat erst kürzlich die Verantwortung für die Seite des FNS übernommen. Aus Ostbayern waren der Wackersdorfer Daniel Weigl und der Chamer Robin Siener (beide auch BISAO) angereist.
Mit etwa 15 Personen nahm der „Fränkische Heimatschutz“ aus Coburg an der Kundgebung teil. Hinzu kamen Neonazis von der „Aktionsgruppe Weißenfels“ (Sachsen-Anhalt) sowie Anhänger der Kameradschaft „Revolutionäre Nationale Jugend Vogtland“ (RNJ) mit eigenem Banner. Ebenso fand sich eine kleinere Gruppe aus Nordrhein-Westfalen sowie tschechische Neonazis ein.
Die Teilnehmer mit NPD-Funktionen waren allesamt als FSN-nah bekannt. Uwe Meenen (Bund Frankenland, stellv. Vorsitzender NPD Berlin) ist selbst führender Aktivist. Auch Heidrich Klenhart, (Postbauer-Heng), seit Sommer Bezirksvorsitzender der NPD in Oberpfalz, hatte keine Berührungsängste. Der Coburger Kreisvorsitzende Dietmar Döring nahm als Aktivist der Kameradschaft „ Fränkischer Heimatschutz“ schon an diversen FNS-Aufmärschen teil.
Überraschender war die Teilnahme von Angehörigen der „Division Franken“, einem kleinen Kameradschaftsnetzwerk aus Franken. Überraschend deshalb, weil, sie zur Zeit den Kern der NPD- Jugend Junge Nationaldemokraten bildet und die Kreise im NPD-Landesverband unterstützt, die mit dem FNS als offen verfeindet gelten. So aber durfte der führende Aktivist der „Division Franken“, Marcel Maderer, an der Spitze des Zuges einen der drei Gedenkkränze tragen. Es bleibt abzuwarten, ob in diesem Symbol eine neue Annäherung oder nur ein eher kurzfristiger Burgfrieden zu sehen ist.
Als Redner traten neben Fischer, Weigl und Meenen noch Ralph Tegethoff (Bad Honnef) und Thomas Wulff (Szenename „Steiner“, Hamburg) auf. Wulff verlas zu Beginn ein Grußwort des Berliner Anwalts Wolfram Nahrath, der nach den Worten Wulffs vom verstorbenen Neonazi Jürgen Rieger die Aufgabe „des Rechtskampfes“ rund um die Heß-Märsche übernommen habe. An Kundgebungsmitteln gab es vor allem schwarze Fahnen mit Ortsangaben und einzelne thematisch passende Banner. Vor dem Zug wurde ein Kreuz aus Birkenholz getragen, auf dem ein Wehrmachtshelm angebracht war. Es folgten drei Gedenkkränze und ein Fahnenblock. Der Frauenanteil war mit geschätzten 15 Prozent relativ gering, auch einige ältere Neonazis marschierten mit.
Die Reden
Das FNS nutzte den Trauermarsch für eine vermeintliche Lehrstunde in Sachen Geschichte. Völkisch-nationalistische Gruppen setzen dabei auf eine Art „Natürlichkeits-Argumentation“: Ihre Sichtweise sei schon immer da gewesen und alles was danach kam an Ideen von Demokratie, Menschenrechten und Liberalismus sei dem quasi „widernatürlich“ übergestülpt worden.
Jede vorteilhafte gesellschaftliche Entwicklung sei dem „Volk“ zu verdanken, als ob es Fortschritt und Kultur nur habe geben können, weil die früheren Menschen allesamt Nationalisten gewesen wären und nach den Nürnberger Rassegesetzen gelebt hätten. Diese Argumentation, die auch schon bei den „Unsterblichen“ zur Legitimation für den Kampf gegen die Demokratie herhalten musste, fand sich besonders in der Rede Weigls wieder. Er machte zudem deutlich, dass er „Volk“ ausschließlich rassistisch verstanden wissen wollte. Er grenzte sich und die restlichen Versammlungsteilnehmer bewusste von der demokratischen Gesellschaft ab, deren Repräsentanten im Falle einer neuen Machtübernahme von Rechts ein grausames Schicksal gewiss sei.
Gerne spannen nationalistische Gruppen auch den Bogen zurück zu den Germanen. Beschworen wurde vielfach eine angebliche militärische Traditionslinie von Arminius über den Deutschen Orden zu den Soldaten der Napoleonische Befreiungskriege, des Ersten Weltkriegs, der völkisch-nationalistischen Freikorps schließlich zur Wehrmacht. Überraschend war hier nur der Einschluss des fränkischen Kaisers Karl der Große. Der auch „Sachsenschlächter“ genannte Karl steht wegen seiner gewaltsamen Politik gegen einzelne „Stämme“ zur Durchsetzung seines Herrschaftsanspruches bei Nationalisten eigentlich nicht hoch im Kurs. Fischer und Tegethoff, die Karl als Begründer des „germanischen Reiches“ feierten, überspielten damit jeden Gedanken daran, dass auch die „Germanen“ wohl mehr Nachbarn im Streit und im Kriege getötet haben als „Volks- und Rassenfeinde“. Bis zur Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols versuchten besonders die Kirchen durch die Idee eines Gottesfriedens den schlimmsten Auswüchsen von Raub, Mord und Totschlag unter den „Germanen“ Herr zu werden.
Der Nationalismus als Ideologie ist ein Kind des 19. Jahrhunderts, die völkischen Rasseideologien sind sogar noch jünger. Der Nationalismus macht die Nation und nicht umgekehrt. Erst die nationalistische Geschichtsschreibung des 19. Jahrhundert konstruierte die Traditionslinien zu den Germanen. Sie machte es sich zur Aufgabe, den nationalistischen Bestrebungen eine Legitimation zu verschaffen. Zudem sollten die Menschen zu gehorchenden Untertanen erzogen werden, die ihre Bedürfnisse hintan stellen sollten. Nationalismus stellt nichts anderes als ein Herrschaftsinstrument dar, um in Zeiten eines auf Volkssouveränität gegründeten Staates, eine Herrschaft der wenigen über die vielen zu ermöglichen.
Arminius, in Wunsiedel mehrfach angeführter Vorkämpfer und eine Art „Stammvater“, war „den Germanen / den Deutschen“ in der meisten Zeit ihrer Geschichte völlig egal. Ein Gedenken und eine Traditionspflege gab es nicht, so dass sich noch heute die Wissenschaftler über den genauen Ort der Schlacht streiten können.
Martialisch wurde es in den Reden von Meenen (Zwischenkundgebung) und Tegethoff (Abschlusskundgebung). Meenen beschwor ein Sterben und Opfern für das von den anderen konstruierte Deutschtum. Tegethoff führte in einer Art militärischen Zeremoniell dieses Thema fort. Seine Rede wurde mit dem Befehl „Nehmt Haltung an, deutsche Männer und Frauen!“ angekündigt. Im Kasernenhofton glorifizierte er den grausamen Charakter eines jeden Krieges. Man sollte sich ein Beispiel an dem Fähnrich nehmen, dem im Sterben zugerufen worden sein soll, anständig zu sterben. Ebenso ging er länger auf den dekorierten Piloten der Luftwaffe, Hans-Ulrich Rudel ein, der in der Bundesrepublik vor allem dadurch auffiel, dass er Altnazis um sich sammelte und den verbrecherischen Charakter des angezettelten Angriffskrieges bestritt.
Abschließen wurde erneut die militärische Traditionslinie beschworen und symbolisch die Soldaten der kaiserlichen Armee, der Freikorps und der Wehrmacht gerufen, wobei nur die „Waffengattungen“ Heer, Luftwaffe und Marine genannt wurden und nicht etwa die Waffen-SS, die sonst auch gerne vehement verteidigt wird.
Thomas Wulff, der mit dem verstorbenen Neonazi Jürgen Rieger zu den hauptsächlichen Betreibern der Gedenkmärsche für Rudolf Heß gehört hatte, sprach in seinen Reden hauptsächlich über die juristischen Auseinandersetzungen rund um die frühere Großveranstaltung. Ebenso durften Solidaritätsbekundungen für Holocaust-Leugner und Geschichtsfälscher nicht fehlen.
Trotz Verbot in den Auflagen, gelang es den Rednern über die verschiedenen Assoziationen doch an Heß zu erinnern und die Person in das Gedenken einzubauen. Wulff sprach ausführlich über seinen ersten Besuch in Wunsiedel anlässlich der Beerdigung von Heß. Er bediente die in rechtsextremen Kreisen beliebte Verschwörungstheorie, indem er „vom Mordopfer“ oder vom „Mord in Berlin-Spandau“ sprach. Meenen kritisierte, dass in den heutigen Zeiten die Totenruhe nicht mehr heilig wäre. Jedes einzelne Grab wäre früher eine Pilger- oder Wallfahrtsstätte gewesen. Alles Aussagen, die wohl auf die Umstände der Grabauflösung anspielen sollten.
Gegenproteste
Gegen den Aufmarsch gab es eine Reihe von Gegenveranstaltungen in der Stadt Wunsiedel. Begonnen wurde mit einem Gedenkgottesdienst, an dem laut Medienberichten etwa 200 Menschen teilnahmen. Nach Angaben des Veranstalters nahmen dann rund 350 Personen an einem Gedenkmarsch teil, der sich auf den Routen von KZ-Häftlingen bewegte, die ins KZ Flossenbürg getrieben wurden. Ursprünglich wollten die Neonazis auf Teilen dieser Strecke aufmarschieren.
Der Aussteigerhilfe Bayern e.V. (ASH) gelang es, am Aufmarschort der Neonazis ihre Themenbanner „Du findest keine Freiheit in den Fesseln einer Ideologie, die dich und deine Persönlichkeit einschränkt“ anzubringen. Bei der Auftaktkundgebung hielten die Neonazis einen deutlichen Abstand zum Redner, um nicht direkt vor dem Banner abgelichtet zu werden. Die Abschlusskundgebung fand dann doch direkt vor dem Banner statt. Auch die Grundschule gegenüber dem Versammlungsort war entsprechend dekoriert. Auf dem Aufmarschweg befanden sich zudem Aufschriften wie „Nazis raus“ und „Eure Helden waren Mörder“.
Die Polizei hatte die Umgebung der Route weiträumig abgesperrt, so dass ein Protest in Sicht- und Hörweite selten möglich und unattraktiv war.
Die Kundgebung verlief in weiten Teilen ruhig. Ausgesuchte Journalisten wurden vor der Kundgebung und beim Aufmarsch gezielt von Ordnern der Nazis behindert. Der Aufmarsch verzögerte sich durch die verspätete Ankunft eines Busses aus dem Landkreis Pfaffenhofen, der vor allem südbayerische Neonazis nach Wunsiedel brachte. Der Bus war angeblich schon verspätet gestartet und wurde von der Polizei länger aufgehalten. Ein Insasse wurde festgenommen. Er führte nach Polizeiangaben Gegenstände zur Vermummung mit sich, sowie einen mit Sand gefüllten Handschuh. Fischer beendete die Kundgebung kurz vor 17.00 Uhr.
Als Reaktion auf die immer bedrohlicher werdende Situation für NazigegnerInnen in Weißenburg meldete das Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen für Freitag, den 16. November 2012, eine Demonstration in Form eines „Antifaschistischen Stadtrundganges“ an. Über 120 Menschen folgten dem Aufruf um ihre Solidarität mit den Betroffenen auszudrücken. Während der Demonstration schlossen sich bis zu 30 weitere Menschen dem Zug an.
Auf der Auftaktkundgebung, die am selbstverwalteten Weißenburger Jugendzentrum stattfand, schilderte Daniel Ulrich, 1. Vorsitzender des Vereins, zahlreiche neonazistische Übergriffe auf das JuZ Weißenburg. Diese reichten von einem gewalttätigen Angriff auf Kundgebungsteilnehmer/innen im letzten Jahr bis hin zu teils wöchentlichen Pöbeleien und Einschüchterungsversuchen gegenüber Verantwortlichen und BesucherInnen des Jugendzentrums.
Der Demonstrationszug stoppte, für einen zweiten Redebeitrag, vor dem Schnellimbiss „Bosporus“. Dieser war zuletzt in das Visier einer Gruppe von Angehörigen der lokalen Neonaziszene geraten. Auch einer der drei Sprecher des Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen wurde in dem Zusammenhang von Neonazis belagert, bis schließlich die Polizei die Situation handgreiflich beenden musste.
Michael Ulrich, der als engagierte Einzelperson dem Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen angehört, schilderte in persönlichen Worten die eigentliche Unmöglichkeit dessen, dass Menschen sich in Weißenburg nachts nicht mehr frei bewegen können, ohne Angst zu haben von Nazis belästigt, verfolgt, bedroht oder drangsaliert zu werden. Eine weiteren Halt machte die Demonstration vor dem „Brecht(h)aus“ in der Weißenburger Altstadt.
Ein Mitglied des Jugendzentrumsrates beschrieb hier eindrucksvoll mehrere Vorfälle mit Neonazis. Insbesondere eine versuchte Attacke gegen das Gebäude selbst vor wenigen Monaten. Er ging außerdem auf zwei Weißenburger Kneipen ein, die in der Vergangenheit schon des öfteren von lokalen Nazis belagert wurden und in denen mittlerweile ein Hausverbot für diesen Personenkreis besteht.
Auf der Abschlusskundgebung betonte Victor Rother, Mitglied des Sprecherrates des Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen, wie wichtig es sei sich gegen Rechtsradikalismus im Alltag zu stellen und dass die Weißenburger Zivilgesellschaft auch in Zukunft zusammenhalten wird, wenn Rechtsradikale das friedliche Zusammenleben bedrohen.
Wie das Weißenburger Tagblatt, in seiner Ausgabe vom 17. November 2012, berichtete sind auf einem Bauträgerschild in Pleinfeld ein Hakenkreuz sowie die Buchstaben KZ geschmiert worden. Auf dem Areal soll ein Ferienpark für Roma-Familien aus EU-Staaten entstehen. Die Polizei ermittelt wegen Verwendung von Symbolen verfassungswidriger Organisationen.
Bereits in der Halloween Nacht 2011, sowie ein zweites Mal in der Nacht vom 12. auf den 13. Mai 2012, war das Haus einer Sinti-Familie in Weißenburg einer Farbattacke von Rechtsradikalen ausgesetzt gewesen. Siehe dazu auch den Artikel „Erneuter Farbanschlag auf Sinti-Haus“ vom 14. Mai 2012.
Das Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen ruft die Bevölkerung auch weiterhin dazu auf, rechtsradikale Umtriebe in der Region an die Email – Adresse: kontakt@wug-gegen-rechts.de zu melden. Alle Informationen werden selbstverständlich immer vertraulich behandelt.
Am Mittwoch, den 14. November 2012, wurden von Nazi-GegnerInnen im Weißenburger Schulviertel, entlang des Seeweihers an Laternen, etliche rechtsradikale Aufkleber aufgefunden. Diese wurden umgehend entfernt.
Das Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen ruft die Bürgerinnen und Bürger aus aktuellem Anlass für den Freitag, 16.11.2012, um 19:00 Uhr vor dem Weißenburger Jugendzentrum zu einem „antifaschistischen Stadtrundgang“ auf.
In Weißenburg treten Personen aus dem neonazistischen Spektrum in letzter Zeit wieder zunehmend aggressiver auf. Ihre Aktivitäten richteten sich in der Vergangenheit vor allem gegen das Weißenburger Jugendzentrum, aber auch gegen Vertreter des Landkreisbündnisses, die wegen ihres Engagements gegen Rechts von Neonazis provoziert und angegangen wurden. Zuletzt war der Schnellimbiss „Bosporus“ in das Visier einer Gruppe von Angehörigen der Naziszene geraten. Am vergangenen Wochenende in der Nacht von Freitag auf Samstag, den 10. November 2012, belagerten diese ein türkische Schnellrestaurant in der Weißenburger Innenstadt, in dem sich auch einer der Sprecher des Landkreisbündnisses befand, um eine Drohkulisse aufzubauen. Als der Inhaber den Personenkreis von 5 bis 8 Personen den Eintritt verweigerte ging der stadtbekannte Neonazi Danny B. die Schaufensterscheiben an. Mit an seiner Seite anwesend Tobias W. aus Weißenburg.
Der Inhaber ging daraufhin vor seinen Laden und forderte die Gruppe auf sich zu entfernen. Diese kamen dieser Bitte allerdings nicht nach und bereiteten sich auf eine körperliche Auseinandersetzung vor. Bevor es dazu kam ging der Inhaber wieder in seinen Laden zurück und rief die Polizei. Beim Eintreffen der Polizeistreife entfernte sich, bis auf zwei Personen, der Rest der Gruppe. Nach Aufnahme der Daten war die Polizei gezwungen handgreiflich die Neonazis zum Verlassen des Tatortes zu bewegen. Nach einer Stunde war der Spuk wieder vorbei. Der Betreiber des Lokals „Bosporus“ hat inzwischen Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet.
Wir rufen die Bürgerinnen und Bürger dazu auf, mit Ihrer Teilnahme an der Demonstration zu zeigen, dass wir es nicht akzeptieren, wenn Neonazis in unserer Stadt ein Klima der Angst erzeugen wollen. Um die Bedrohung von Demokratie und Menschenrechten durch faschistisches Gedankengut sowie die konkrete Gefahr, insbesondere für Migranten, anschaulich darzustellen, werden die Teilnehmer der Demonstration im Anschluss an eine kurze Auftaktkundgebung vor dem Jugendzentrum Weißenburg die Orte in Weißenburg abgehen, an welchen Nazis in der Vergangenheit auffällig waren.
„Trotz der schon weiter zurückliegenden Hypes um Sarrazin und seine rassistischen Thesen, ist Rechtspopulismus ein Phänomen, dem trotz den jüngsten Ereignisse in Ungarn (Fidesz), Norwegen (Breivik) und Deutschland (NSU), immer noch ein großer Teil der Bevölkerung erliegt“, so Erkan Dinar, Moderator des ersten Themenabends des neuen Weißenburger Bildungsvereins „Brecht(h)aus Bibliothek“, zur Begrüßung.
In einem Eingangsstatement legte Stanicic dar, weshalb Sarrazins perfide Argumentationsstrategien so gefährlich sind und immer noch Wirkung zeigen. Er tat dies, indem er einzelnen Passagen aus dem Buch „Deutschland schafft sich ab“ vorlas, die in seinem Buch „Anti-Sarrazin – Argumente gegen Rassismus, Islamfeindlichkeit und Sozialdarwinismus“ abgedruckt sind.
Die absurden und geradezu lächerlichen Forderungen Sarrazins brachten auch das Publikum zum Schmunzeln und Kopfschütteln. Stanicic als ausgewiesener Experte für Rassismus und Menschenfeindlichkeit machte den Gästen des Abends in schonungsloser Weise deutlich, wie sich Rassismus äußert und welche Ideologie hinter sozialdarwinistischen Denkweisen und Forderungen steckt. Dass Sarrazin es mit der Wahrheit ohnehin nicht genau nahm, gab dieser offen zu, was Stanicic anhand eines Zitats aus der Süddeutschen Zeitung belegen konnte.
An diesem Abend wurde zudem deutlich, dass im Buch „Deutschland schafft sich ab“ keinesfalls nur MigrantInnen ethnisiert werden und in nützlich und weniger wertvoll eingeteilt werden, sondern, dass es sich um eine Art Kampfschrift gegen sozial Schwache und Fremde handelt und das Prinzip der Auslese zum Tragen kommt. Stanicic legte außerdem dar, welches Menschenbild Sarrazin bereits Jahre vor dem Erscheinen seines Buches öffentlichkeitswirksam immer wieder offen legt.
Der Autor plädierte am Ende seinen Vortrags dafür „die Ursachen von Rassismus und Rechtspopulismus zu beseitigen“, welche unter anderem ein ungerechtes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, in der Arbeiter mit und ohne Zuwanderungshintergrund mehr gemeinsam haben, als das man diese Gruppen gegeneinander ausspielt. „Nationalistisch gesinnte Forderungen, wie Sarrazin sie erhebt, haben zur Folge, dass rechtsextreme Gruppierungen ihn als ideologischen Stichwortgeber gerne für sich beanspruchen.“
Wohl auch deshalb tauchten mehrere stadtbekannte Neonazis vor dem Veranstaltungsort auf. Die Polizei erteilte den Personen vor einer vermeintlichen Störung oder Einschüchterung der Gäste durch Abfotografieren ein Platzverbot.
In der anschließenden Diskussion wurde eingebracht, dass erst mit der Institutionalisierung des Begriffs Integration und den Rückkehrerprämien in den 1980er Jahren eine gesellschaftliche Stimmung entstand, die dem Zusammenleben schadete und Rassismus und Stigmatisierung noch offener zutage traten als in den Jahren davor.
Die vielen Wortmeldungen und die breit angelegte Debatte machten deutlich, dass Rassismus, das Gefühl einer geringen Akzeptanz von Seiten der Mehrheitsgesellschaft, eine mangelnde Willkommenskultur, Neoliberalismus und Sozialabbau ein breites Themenspektrum abdecken, dessen Lösungen nicht an einem Abend erarbeitet werden können.