Nazi-GegnerInnen werden abfotografiert

Die beiden Neonazis Martin B. aus Weißenburg und Josua W. aus Treuchtlingen tauchten am Samstag, den 13. April 2013, am Weißenburger Bahnhof auf, um auf den Zug nach München wartende Nazi-Gegner*innen zu fotografieren.

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Schwarz-Weiß-Rot? Eine Jacke in der Farbe Braun gab es wohl grad nicht auf Lager

In München fand an diesem Tag, anlässlich des Beginns des NSU-Prozesses in der kommenden Woche, eine Demonstrion von bis zu 10.000 Menschen statt. Ein ausführlicher Bericht dazu findet sich hier.

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Zwischenkundgebung am Mahnmal an die Opfer des Attentats auf das Oktoberfest am 26. September 1980

Bekannte Neonazis als Ordner auf Kundgebungen eingesetzt

Parallel zu der „Freien-Netz-Süd“-Tour durch Niederbayern, Schwaben und Oberbayern bewarben die Neonazis des Kameradschaftsdachverbands auch in den Städten Nürnberg, Kitzingen und Würzburg ihren braunen 1. Mai – und stießen dort auf enormen zivilgesellschaftlichen Widerstand. Als Ordner fungierten dabei die Neonazis Martin B. aus Weißenburg und Joshua W. aus Treuchtlingen (Anm. d. Red.).

Neben Stationen in Niederbayern, Schwaben und Oberbayern versuchte das „Freie Netz Süd“ (FNS) am Samstag, den 30. März, auch im mittel- und unterfränkischen Raum für die Erste-Mai-Veranstaltung des FNS zu mobilisieren. Zu diesem Zweck veranstalteten die Neonazis eine Kundgebung in Nürnberg und zwei Demonstrationszüge in Kitzingen (Unterfranken) und Würzburg.

Nürnberg

Begonnen hatte die Franken-Tour in Nürnberg mit einer Kundgebung, die von den beiden FNS-Führungskadern Matthias Fischer (Fürth) und Norman Kempken (Nürnberg) angemeldet worden war. Offizieller Veranstalter war das dem FNS nahestehende „Nationale und Soziale Bündnis 1. Mai“, das bei den meisten Anmeldungen namentlich aufgetaucht ist und Angaben der Neonazis zufolge den braunen Ersten-Mai 2013 in Würzburg organisieren soll.

Kurz nach Veranstaltungsbeginn um 11.30 Uhr hatten sich etwa 40 Neonazis am Nürnberger Nelson-Mandela-Platz eingefunden. Teilnehmer der Nazi-Kundgebungen waren unter anderem die FNS-Führungskader Matthias Fischer und Norman Kempken sowie die „Freien-Netz-Süd“-Aktivisten Rainer Biller (Nürnberg) und Uwe Meenen (Bund Frankenland und NPD-Berlin, Berlin). Außerdem waren einige Teilnehmer mit dem Zug aus dem oberfränkischen und sächsischen Raum zu den Veranstaltung in Mittel- und Unterfranken angereist.

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Links: Ordner Martin B. aus Weißenburg im Gespräch mit dem Anti-Anti-Fotografen Kai Z.
Rechts: Ordner Joshua W. aus Treuchtlingen hinter dem Nürnberger Stadtrat der Bürgerinitiative Ausländerstopp Sebastian Schmauß – Quelle: Endstation Rechts Bayern

Von einer polizeilichen Absperrung von den Gegendemonstranten getrennt, hatten die rechten Akteure mit insgesamt drei Bannern („Sozial geht nur national“ des FNS, „Demokraten auf Zeit – Statt Arbeit auf Zeit“ der RNJ-Vogtland und „Nationaler Sozialismus – Arbeiter der Faust und Arbeiter der Stirn Kampf für ein freies und gerechtes Deutschland“ des FNS) und Fahnen, die das Gaufeldabzeichen der Hitlerjugend (HJ) zeigten, Aufstellung bezogen. Wenig später begannen sie ihre bis kurz vor 13 Uhr dauernde Kundgebung.

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ver.di Mittelfranken: Ein starker Partner – Quelle: Endstation Rechts Bayern

Dass die Neonazis ihre Parolen aber nicht ungehindert verbreiten können, zeigte sich bereits in Nürnberg, und wurde nachfolgend auch in Kitzingen und Würzburg mehr als deutlich. Massiver zivilgesellschaftlicher Protest und die Courage vieler Bürger machte es den FNS-Aktivisten unmöglich, ihre menschenverachtenden Inhalte zu verbreiten. Alleine in Nürnberg setzen über 500 Bürger mit einer Gegenaktion ein Zeichen für eine tolerante und weltoffene Gesellschaft und sendeten zugleich ein Signal gegen menschenverachtende Hetze aus. In Form von lautstarken Protesten in Hör- und Sichtweite gelang es den Gegendemonstranten, die Reden der Neonazis Uwe Meenen und Matthias Fischer zu übertönen. Selbst die Teilnehmer der Nazi-Kundgebung konnten dank des Protests nichts verstehen, eine Verbreitung der rechten Inhalte konnte somit effektiv verhindert werden.

Nach knapp einer Stunde wurde die Nazi-Veranstaltung in Nürnberg schließlich beendet. Während die Kundgebung für das „Freie-Netz-Süd“ zu einem Flop verkommen ist, konnte die demokratische Zivilgesellschaft ein durch und durch positives und erfolgreiches Fazit ziehen. Der braune Spuk war für Samstag in Mittel- und Unterfranken damit aber keineswegs vorbei: Die Neonazis fuhren direkt im Anschluss mit dem Zug weiter in Richtung Kitzingen (Unterfranken).

Kitzingen

Wie bereits in Nürnberg, wurden die Neonazis auch in Kitzingen von über 700 Gegendemonstranten empfangen, die sich am Bahnhofsvorplatz versammelt hatten. Mit Transparenten und Bannern traten sie „gegen den braunen Mob“ und für eine tolerante Gesellschaft ein – und setzten die FNS-Aktivisten vorerst fest. Im Vergleich zu Nürnberg hatte die Teilnehmerzahl auf Seiten der Nazis noch einmal um rund 30 Personen – überwiegend aus dem unterfränkischen Raum – zugenommen. Eine führende Rolle nahm den Beobachtungen nach der Würzburger FNS-Kader Matthias Bauerfeind ein, der immer wieder mit einem neonazistischen Ordner Karten studierte und sich darüber beratschlagte.

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Vorbildlich: Die CSU in Kitzingen – Quelle: Endstation Rechts Bayern

Einige Zeit später setzte sich der FNS-Aufmarsch über eine kleine Seitenstraße dann doch Richtung stadteinwärts in Bewegung. Aber nicht lange, denn schnell waren auch die Gegendemonstranten vor Ort und blockierten die Einmündung der Seitenstraße in die Hauptstraße. Gemeinsam und entschlossen stellte sich die Kitzinger Bürger den 70 Rechtsextremisten in den Weg und erzielten somit eine Verkürzung der ursprünglichen Route. Den Nazis wurde ein Marsch zu ihrem ursprünglichen Kundgebungsort unmöglich gemacht.

Bei der Polizei herrschte zunächst große Unsicherheit, die Situation war unübersichtlich. Ob und wie es für die Neonazis weitergehen sollte, war für die Beamten lange unklar. Irgendwann entschied sich die Einsatzleitung dazu, einen Teil der Blockade frei zu machen, die Wegstrecke der Nazis zu verkürzen und sie direkt wieder zurück zum Bahnhof zu eskortieren. Ein Teil der anwesenden Gegendemonstranten wurde zurückgedrängt und ein schmaler Weg geschaffen, durch den die Neonazis sodann geleitet worden sind. Parolen grölend zogen die 70 Rechtsextremisten – erneut begleitet von starkem Protest – zu ihrem Kundgebungsort mitten auf einer Kreuzung und später zu einer abschließenden Kundgebung am Bahnhofsplatz. Beide Kundgebungen wurden von Polizeikräften derart weiträumig abgeriegelt, dass eine öffentlichkeitswirksame Verbreitung der rechten Propaganda für das „Freie Netz Süd“ ausgeschlossen war – einzig die 70 Neonazis konnten die eigenen Parolen vernehmen.

Thematisch befasste sich die abschließende Kundgebung am Bahnhof – dem Motto der Kundgebungen und Demonstrationen entsprechend – mit der Euro-Politik. Gezielt versuchten die Neonazis, die in der Bevölkerung vorherrschenden Unsicherheiten für ihre Zwecke zu instrumentalisieren und den menschenverachtenden „Nationalen Sozialismus“ als vermeintliche Alternative aufzuzeigen. Zudem bezeichnete der namentlich unbekannte neonazistische Redner den „Nationalsozialismus“ in seinem Wortbeitrag am Bahnhof als „Ehre“.

Während der Kundgebung stellte die Polizei noch die Personalien eines Neonazis fest, der genaue Grund hierfür blieb unklar. In Gewahrsam wurde der Rechtsextremist aber nicht genommen, er konnte wenig später – zusammen mit der Gruppe von Nazis – in den Zug nach Würzburg steigen, wo für 16 Uhr ein weiterer Demonstrationszug angemeldet worden war.

Würzburg

Lief es bereits in Nürnberg und Kitzingen ganz schlecht für „Freie Netz Süd“, so verkam Würzburg zu einem regelrechten Desaster für die Neonazis auf Propaganda-Tour. Gleich nachdem der Trupp Nazis den Zug verlassen hatte, steckten sie fest. Annähernd eine Stunde lang wurden die rechten Aktivisten von unzähligen Bürgern blockiert, ein Durchkommen nicht möglich. Erneut hieß es für die „Freien-Netz-Süd“-Mitglieder: Warten, warten und warten.

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Nazi-Gegner*innen blockieren den Weg – Quelle: Endstation Rechts Bayern

Rund eine Stunde später setzte sich der Aufmarsch dann in Bewegung. Die Polizei hatte durch Verhandlungen und den Einsatz von unmittelbarem Zwang die Blockade gespalten und einen enorm engen Weg – mitten durch die Gegendemonstranten durch – für die Nazis geschaffen. Doch kaum waren die Neonazis durch die ersten Blockade durch, folgte schon die nächste. Beinahe an jeder Straßenecke stießen das FNS auf neuerlichen Widerstand in unterschiedlichen Formen. Wurde der Aufzug nicht gerade mittels Blockaden gestoppt, sind die Nazis immerzu lautstark ausgepfiffen und ausgebuht worden. Erst nach fortwährenden Unterbrechungen erreichten die etwa 80 Teilnehmer des Nazi-Aufmarsches ihren Kundgebungsort.

Als Redner traten Uwe Meenen und ein weiterer Neonazis aus dem Rhein-Neckar-Kreis auf, dessen Namen ungenannt blieb. Meenen hetzte in seiner Kundgebung gegen die „etablierten Verräter“, den „Abschaum“, der „gegen uns aufgeboten wird“ und forderte – der rassistischen Ideologie der Nazis folgend – einen „Staatsarbeitsdienst, der jedem Deutschen einen Arbeitsplatz“ zusichern würde. Der „Kamerad aus der Rhein-Neckar-Region“ (Zitat: Matthias Fischer) benutzte anschließend ebenfalls soziale Themen zum Stimmenfang. Die Kundgebung der Nazis blieb jedoch ebenso erfolglos wie der ganze Aktionstag: Abermals ging die Rede der beiden Nazis in lautstarkem Gegenprotest ungehört unter.

Weitestgehend von der Polizei abgeschirmt marschierten die Nazis zurück zum Bahnhof zur einer Abschlusskundgebung, bei der vorbestrafte FNS-Führungskader Matthias Fischer aufgetreten ist. Auch diese Rede ging unter, sie war selbst in unmittelbarer Nähe nicht zu verstehen gewesen – couragierte Bürger verhinderten wieder jedwede Öffentlichkeitswirkung. Etwas nach 18 Uhr war der Spuk dann beendet, die Nazis traten die Heimreise an.

Deutliches Zeichen: Keine Chance für Nazis

Für das „Freie Netz Süd“ verkam die Tour durch Franken also zu einem spektakulären Flop. Die Neonazis dürften – im Bezug auf den in Würzburg stattfindenden Ersten-Mai – festgestellt haben, dass sie mit enormem Widerstand zu kämpfen haben werden und nicht einfach unkommentiert durch die Straßen marschieren und ihre menschenverachtenden Inhalte verbreiten können. Der Widerstand wird enorm sein, den Nazis dürfte kein Platz überlassen werden. Denn: Weder in Nürnberg noch in Kitzingen noch in Würzburg sind Nazis willkommen!

Quelle: Endstation Rechts Bayern

Südkoreanischer TV-Sender drehte in Weißenburg

Der Fernsehsender KBS TV, größter öffentlich-rechtlicher Sender in Südkorea, drehte am Montag, den 18. März 2013, mit Victor Rother, Mitglied im Sprecherrat des Landkreisbündnisses gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen einen Beitrag zum Engagement gegen Rechts.

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Victor Rother, Mitglied im Sprecherrat des Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen

Ein Team des Senders ist momentan, zusammen mit seiner Korrespondentin aus Österreich, unterwegs durch Deutschland, um zu der Thematik „Neonazis in Deutschland“ eine Reportage zu drehen. Gefilmt wurde vor Ort auf dem Weißenburger Marktplatz, auf dem am 10. März 2012, begleitet von starken Protesten, eine Kundgebung von Neonazis stattgefunden hatte.

Auch vor und im Weißenburger Jugendzentrum, welches schon des Öfteren im Fokus von Rechtsradikalen stand, wurde gedreht. Der fertige Beitrag wird im April, in einem Format das dem deutschen „Weltspiegel“ in der ARD ähnelt, ausgestrahlt. Das Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen wird die Bevölkerung informieren sobald der Film auch im Internet abrufbar ist.

Hakenkreuz am Landratsamtsgebäude

Ein Nazi-Gegner informierte am Donnerstag, den 14. März 2013, das Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen über ein Hakenkreuz an einer Mauer des Verwaltungsgebäudes des Landratsamts Weißenburg-Gunzenhausen in der Niederhofener Straße in Weißenburg. Im Gebäude untergebracht sind Gesundheits-, Jugend- und das Sozialamt mit Wohngeldstelle. Die Polizei wurde informiert.

In einer E-Mail an das Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen teilt Landrat Gerhard Wägemann am 19. März 2013 mit, dass das Hakenkreuz bereits 2011 entdeckt wurde. Die vollständige Beseitigung werde nun in Auftrag gegeben.

Hakenkreuze an Neuapostolischer Kirche

In der Nacht vom 9. auf den 10. März 2013 wurde die Neuapostolische Kirche in der Feuchtwanger Straße in Weißenburg Ziel eines rechten Angriffs. Auf den beiden Türklingen im Eingangsbereich wurde ein Hakenkreuz sowie „Heil Hitler“ angebracht. An die Glasfassade links vom Eingangsbereich ein Hakenkreuz.

Ein engagierter Nazi-Gegner entfernte die Schmierereien noch vor dem Eintreffen der Polizei. Die beiden stadtbekannten Neonazis Martin und Danny B. wohnen in unmittelbarer Nähe der Kirchengemeinde.

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Hakenkreuz auf Plakatständer

Am Freitag, den 8. März 2013, informierten NazigegnerInnen das Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen über ein aufgemaltes Hakenkreuz in weißer Farbe auf einem Plakatständer wenige Meter neben der Bushaltestation Plärrer in Weißenburg. Die Polizei entfernte den Plakatständer umgehend.

Neonazis verteilen Flyer in Pappenheim

Am Dienstag, den 5. März 2013, wurden Neonazis in Pappenheim dabei beobachtet wie sie geschichtsrevisionistische Flyer des „Augsburger Bündnis Nationale Opposition“, zur Bombadierung von Augsburg während des 2. Weltkriegs, sowie einen Anti-EU-Flyer der rechtsradikalen NPD in Briefkästen stecken.

Im Flyer des „Augsburger Bündnis Nationale Opposition“ wird die Bevölkerung aufgefordert als Antwort auf einen „Terror einer One-World-Regierung amerikanisch-britische Produkte“ zu boykottieren. Im Flyer der rechtsradikalen NPD wird der Austritt aus der EU propagiert und gegen den Euro gehetzt. Beide Flyer liegen dem Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen vor.

Gemeinsame Fahrt zur Demonstration zum NSU-Prozessauftakt

Am Mittwoch, den 17. April 2013 wird in München der Prozess gegen das NSU-Mitglied Beate Zschäpe sowie vier der Unterstützer beginnen: Ralf Wohlleben, Holger Gerlach, Carsten Schultz und André Eminger.

Ein breites antifaschistisches Bündnis ruft deshalb zu einer bundesweiten Großdemonstration in München am Samstag vor Prozessbeginn auf. Das Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen unterstützt das antifaschistische Bündnis zum NSU – Prozess in München. Um eine gemeinsame Anreise am 13. April mit der Deutschen Bahn zu koordinieren wird die Bevölkerung aus dem Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen gebeten sich per E-Mail an kontakt@wug-gegen-rechts.de beim Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen zu melden.

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Hier der Aufruf:

Im November 2011 wurde bekannt, dass die rassistischen und mörderischen Taten der Nazis des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) sieben Jahre lang unter den Augen der Sicherheitsbehörden begangen wurden. Sie haben zehn Menschen ermordet und zwei Sprengstoffanschläge verübt. In den Medien wurde der Begriff „Döner-Morde“ geprägt und die Sonderkommission gab sich den Namen „Bosporus“. Damit schloss die Polizei von Anfang an rassistische Hintergründe der Morde aus, behandelte die Opfer wie Täter und ermittelte in Richtung organisierter „Ausländer-Kriminalität“.

Durch die rassistischen Ermittlungen der Sicherheitsbehörden wurden Familien, Verwandte und persönliches Umfeld der Opfer über Jahre überwacht und akribisch durchleuchtet. Durch den völlig unbegründeten Verdacht gegen das familiäre Umfeld der Opfer wurden soziale Zusammenhänge zerrissen und die persönliche Existenz zahlreicher Menschen zerstört. Der Rassismus von Behörden und Öffentlichkeit vehinderte so zweifach die Aufklärung der Morde: Während die Hinweise auf rassistische Hintergründe ausgeklammert und vernachlässigt wurden, erschien die These, migrantische Gewerbetreibende seien in mafiöse Strukturen verwickelt, der Polizei und einer breiten Öffentlichkeit unmittelbar einleuchtend und erübrigte weiteres Nachfragen.

Fünf der insgesamt zehn NSU-Morde fanden in Bayern statt, zwei davon in München. Zwischen dem „Thüringer Heimatschutz“, in dem die Haupttäter des NSU vor ihrem Abtauchen organisiert waren, und der bayerischen Naziszene bestanden in den 90er Jahren enge Verbindungen. Böhnhardt und Mundlos nahmen an verschiedenen Treffen und Veranstaltungen der Szene in Bayern teil. Einige der engsten Unterstützer_innen des NSU lebten oder leben immer noch in Bayern, u.a. Mandy Struck, deren Identität Beate Zschäpe im Untergrund angenommen hatte. Mit Tino Brandt und Kai Dalek stehen zwei V-Leute des Verfassungsschutzes auch für die Verbindung zwischen der thüringischen und der bayerischen Naziszene.

„Deutschland hat ein riesiges Rassismus-Problem“, sagte Kenan Kolat, Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Anfang November.

Der strukturelle Zusammenhang von Naziterror mit staatlichem und alltäglichem Rassismus in Gesellschaft, Politik und Medien zeigte sich bei der faktischen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl nach den Pogromen Anfang der 90er Jahre wie auch jetzt bei aktuellen Anti-Islam-Kampagnen: Der Rassismus ist tief verankert in der Mitte der Gesellschaft. Dass sich auch nach dieser Mordserie nichts Grundsätzliches im Bewusstsein der Menschen verändert hat, verdeutlichen folgende Beispiele: Zwanzig Jahre nach dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen kämpfen Flüchtlinge immer noch für elementare Menschenrechte in Deutschland, werden Roma stigmatisiert und in eine unsichere Zukunft abgeschoben. Hier lebende Migrant_innen werden täglich diffamiert, bedroht, angegriffen und kriminalisiert.

Die Verharmlosung und Vertuschung von Rassismus und Naziterror hat Tradition in diesem Land. Rechte und rassistische Gewalttaten und Morde haben in Deutschland eine traurige Kontinuität. Die blutige Spur reicht vom bis heute unaufgeklärten Oktoberfestattentat, über die rassistischen Anschläge und Pogrome in Rostock, Mölln, Solingen und Hoyerswerda, über die seit 1989 rund 200 Morde an Migrant_innen, Obdachlosen, Punks und Antifaschist_innen bis hin zu den Morden des NSU.

München war dabei schon viele Male Schauplatz neonazistischen Terrors: Bei dem bisher größten faschistischen Anschlag in der BRD wurden 1980 durch einen Täter aus dem Umfeld der Wehrsportgruppe Hoffmann auf dem Münchner Oktoberfest 13 Menschen getötet und weitere 200 zum teil schwer verletzt. 1981 lieferten sich Neonazis auf dem Weg zu einem Bankraub mit Polizeibeamten in München eine Schießerei, bei der zwei Neonazis starben. 1985 setzten Neonazis der Gruppe Ludwig ein Lokal in der Schillerstrasse in Brand, wodurch eine Person getötet wurde. 2003 beschafften Neonazis aus der Kameradschaft Süd sich Waffen und Sprengstoff und planten u.a. einen Anschlag auf die Grundsteinlegung des neuen jüdischen Gemeindezentrums.

Seit Bekanntwerden der Mordserie des NSU offenbart sich eine erschreckende Politik der Verschleierung: Geschredderte und verheimlichte Akten, konsequentes Vertuschen und Lügen in Untersuchungsausschüssen, wenige, viel zu späte Rücktritte von Verantwortlichen. Eine transparente, schonungslose Aufklärung der Rolle von Geheimdiensten und Polizeibehörden findet bisher nicht statt. Statt ernsthafte politische Konsequenzen zu ziehen gegen Rassismus und die skandalöse Unterstützung des Aufbaus von Nazistrukturen durch Mitarbeiter_innen des (bayerischen) Verfassungsschutzes, reden die verantwortlichen Politiker_innen weiter von vereinzelten Pannen.

Rechte Gesinnung hat beim Verfassungsschutz (VS) Kontinuität: Gegründet im Jahre 1950 mit ehemaligen Nazis sorgte er dafür, dass Widerständler_innen gegen den Nationalsozialismus erneut in deutsche Gefängnisse kamen. In den 60er Jahren bekämpfte er die Student_innenbewegung, in den 70er und 80er Jahren lieferte er das Material für die Berufsverbote linker Aktivist_innen. Vor neun Jahren scheiterten die Pläne für ein NPD Verbot nicht zuletzt daran, dass diese bis in die höchsten Führungsetagen von V-Leuten und Spitzeln des Verfassungsschutzes durchsetzt war. Auch das ummittelbare Umfeld des NSU ist durchsetzt mit V-Leuten aus Verfassungschutz und Polizei.

Deshalb kann die einzige Konsequenz aus der Verstrickung der Behörden nur sein: Verfassungsschutz abschaffen! Wir müssen verhindern, dass die Regierung die NSU-Morde instrumentalisiert, um ihren Sicherheitsapparat weiter aufzurüsten, und damit endgültig eine der wenigen Konsequenzen aus dem deutschen Faschismus – die Trennung von Geheimdiensten und Polizei – rückgängig macht.

Unsere Anteilnahme und Solidarität gilt den Opfern des NSU-Terrors und ihren Angehörigen. Sie wurden nicht nur Opfer des militanten Rassismus der NSU-Täter_innen, sondern auch in der Folge noch durch die rassistischen Ermittlungen der Polizei drangsaliert.

Bekämpfen wir gemeinsam Rassismus in Gesellschaft, Politik und Institutionen!

Entschädigung für die rassistischen und diffamierenden polizeilichen Ermittlungen!

Schonungslose Aufklärung der Verstrickung von Geheimdiensten und Polizeibehörden!

Verfassungsschutz abschaffen!

Neue Ermittlungen zur Aufklärung des Attentats von 1980 in München!

Abschaffung aller rassistischen Gesetze – kein Mensch ist illegal!

Für eine rassismusfreie, solidarische Gesellschaft!

Nähere Infos sind unter nsuprozess.blogsport.de zu finden.

Staatsanwaltschaft stellt Neonazi einen Freifahrtsschein aus

Das Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen beklagt in einer Stellungnahme die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Ansbach gegen den Neonazi Alexander K. aus Weißenburg. Dieser hatte am 6. November 2012 einen der Sprecher des Landkreisbündnisses gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen in der Weißenburger Altstadt um Haaresbreite angefahren. Der Betroffene erstattete damals Anzeige gemäß § 315c StGB – Gefährdung des Straßenverkehr. Siehe dazu auch den Artikel “Bündnissprecher wird fast von Neonazi angefahren” vom 8. November 2012.

In einer Verfügung hat die Staatsanwaltschaft Ansbach nun beschlossen dieses Verfahren einzustellen. Zur Begründung heißt es unter anderem skandalös:

„Aufgrund der sich widersprechenden Angaben der Beteiligten lässt sich nicht feststellen, wie sich der Vorgang tatsächlich zugetragen hat. Es steht letztlich Aussage gegen Aussage, ohne dass einer der Aussagen von vornherein, ein erhöhter Beweiswert zukommt (…)“

Das Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen weist diese verächtlich machende Gleichstellung seines Sprechers durch die Staatsanwaltschaft Ansbach mit einem rechtsradikalen Neonazi entschieden zurück.

Alexander K. aus Weißenburg ist bereits mehrmals in Zusammenhang mit rechtsradikalen Aktionen aufgefallen. So nahm er am 1. Mai 2012 an der 1. Mai -Kundgebung des Freien Netz Süd in Hof/Saale teil. In seiner unmittelbaren Nähe immer das Weißenburger Neonazipärchen Martin und Danny B. sowie der mittlerweile wegen Morddrohung verurteilte Roman S. aus Pleinfeld. Siehe dazu auch den Artikel “Radikale Neonazis gegen DGB” vom 4. Mai 2012.

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Alexander K. aus Weißenburg am 1. Mai 2012 in Hof/Saale – Fotoquelle: A.I.D.A.-Archiv

Auch steht Alexander K., zusammen mit  dem Weißenburger Tobias W., im dringenden Tatverdacht von Nazi-GegnerInnen, in der Nacht vom 30. auf den 31. August 2012, bei der Anbringung von Transparenten mit rechtsradikalen Parolen beteiligt gewesen zu sein. Die Wohnadresse von beiden Rechtsradikalen ist keine 10 Minuten von der B2-Brücke am Römerbrunnenweg entfernt an der eines der drei Transparente aufgehängt wurde. Wie die Polizei damals bestätigte sei ein weiteres Transparent in unmittelbarer Nähe der Brücke angebracht worden. Siehe dazu auch den Artikel “Erneut Transparente mit rechtsradikalen Parolen aufgetaucht” vom 1. September 2012.

Am 8. November 2012 parkte Alexander K. mit seinem Wagen in der unmittelbaren Nähe der Weißenburger Luna-Bühne als stadtbekannte Neonazis eine Vortragsveranstaltung zum Rechtspopulismus in Deutschland stören wollten. Siehe dazu auch den Artikel “Rechtspopulismus am Beispiel Thilo Sarrazins – Neonazis bekamen Platzverbot” vom 9. November 2012. Sein Auto diente den Neonazis dabei als Besprechungs- und Ausgangsort ihrer geplanten Störaktionen. Die Weißenburger Polizei vereilte dieses Unterfangen damals durch einen Platzverweis.

Auffallend ist für uns ein immer kürzer werdender Intervall der Einstellungsverfügungen seitens der Staatsanwaltschaft Ansbach bei Anzeigen und Strafanträgen. Als Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg-Gunzenhausen erwarten wir von den Sicherheitsbehörden eine größere Unterstützung bei der Aufklärung von Straftaten. Dazu ist es nötig eine saubere Ermittlungsarbeit durchzuführen. Die Staatsschutzabteilung der Kriminalpolizei Ansbach sehen wir deshalb in der Pflicht größere Anstrengungen an den Tag zu legen. So ist der Fall der vier Jugendlichen, welche in der Nacht vom 26. Dezember 2012 mit einem Auto durch Weißenburg gejagt worden sind, immer noch nicht abgeschlossen. Siehe dazu auch den Artikel “Nazis jagten Jugendliche mit dem Auto” vom 30. Dezember 2012.

Neonazis mischten sich unter Faschingsnarren

Laut mehrerer Augenzeugenberichte haben sich am Dienstag, den 12. Februar 2013, rechtsradikale Aktivisten, am Faschingsumzug des „Karneval Verein Ellingen 1963 e.V.“ in Ellingen beteiligt. Zwei der rechten Aktivisten trugen schwarze Kapuzenpullis. Ein dritter Aktivist trug eine Verkleidung.

Sie liefen eine Zeit lang am Ende des Faschingszuges mit, hielten ein Transparent in Händen und verteilten Flugblätter an die umstehenden Zuschauer/innen. Der verteilte Flyer trug den Titel „Legt den Kriegstreibern das Handwerk!“. Dabei handelt es sich um die übliche scheinheilige „Anti-Kriegs-Rhetorik“ der Neonazis, wobei vor allem gegen die USA und Israel gehetzt wird. Die anwesende Polizei nahm die Neonazis in Gewahrsam. Mittlerwile spricht die Polizei bereits von mindestens fünf rechten AktivistInnen, welche sie aus dem Umzug entfernen mussten.

Ellingen steht mit dieser Heimsuchung von Neonazis zur Faschingszeit nicht allein. Gleiche Aktionen wurden auch in München sowie Neuötting durchgeführt. In Gersthofen bei Augsburg waren ebenfalls Neonazis aus der Region Weißenburg beteiligt.